In der Euro-Krise muss die Politik nach Ansicht des Konsumforschers Klaus Wübbenhorst bei den Verbrauchern wieder Vertrauen schaffen. "Das haben wir im Moment eher nicht", sagte der Vorstandschef der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Drei Politiker mit sechs Meinungen - der Bürger hat schon ein Recht darauf, das Gefühl zu kriegen, dass die Entscheidungsträger die Schwierigkeiten in der Eurozone im Griff haben."
Verbraucher verunsichert
Derzeit seien die Menschen verunsichert, erläuterte Wübbenhorst. "Der Konsument hat sich im letzten Monat die Turbulenzen angeschaut, die es in der Eurozone gibt, und fürchtet, dass die Rettungspakete für Griechenland und der schwächelnde Euro die deutsche Wirtschaft in ihrer Erholungstendenz beeinträchtigen können."
Zudem argwöhnten die Verbraucher, dass der Sparzwang der Bundesregierung und die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse zu Einsparungen bei den öffentlichen Ausgaben oder zu Steuererhöhungen führen könnten. Letztere hätten jedoch massive Folgen für die Entwicklung der Wirtschaft, warnte der GfK-Chef: "Steuererhöhungen und die Ankündigung von Steuererhöhungen werden die Konsumlaune sicherlich nicht sommerlich erstrahlen lassen, sondern dann wird schon Herbststimmung aufziehen."
"Konsum beginnt im Kopf"
Bereits jetzt sind viele Verbraucher tendenziell zurückhaltend eingestellt. "Konsum beginnt im Kopf, und hier schlägt die Psychologie zu", erklärte Wübbenhorst. "Denn wenn wir die Fakten sehen - dass die Arbeitslosigkeit nach wie vor deutlich unterhalb der Erwartungen liegt, dass das Bruttoinlandsprodukt ganz vernünftig gewachsen ist, dass ein nicht mehr ganz so starker Euro sogar den Export beflügelt - sind das eigentlich alles positive Punkte, die die Unternehmen halbwegs zuversichtlich stimmen."
Die Verbraucher jedoch seien dennoch verunsichert. Der Staat solle deshalb nicht gleich an der Steuerschraube drehen, forderte der Konsumexperte. "Es gibt immer zwei Seiten, die Eingaben- und die Ausgabenseite. Man muss beides anschauen." So gebe es zu viele bürokratische Anforderungen, und auch in den Etats der einzelnen Ressorts steckten noch Sparpotenziale.
Euro-Krise lässt Konsumklima schwächeln
Die Euro-Krise lässt das Konsumklima in Deutschland schwächeln. "Die Krise um die Staatsschulden in der Euro-Zone sowie die Diskussionen um die Stabilität des Euro haben die Verbraucher verunsichert", teilte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) am Mittwoch in Nürnberg mit. Auch die Angst vor Steuererhöhungen oder einer Inflation lasse die Bürger zurückhaltender werden. Der Konsumklima-Index sank auf 3,5 Zähler, nach revidiert 3,7 Punkten im Vormonat.
Besonders spürbar gingen die Konjunktur- und Einkommenserwartungen zurück, während die Forscher unter den rund 2.000 Befragten nur leichte Einbußen bei der Anschaffungsneigung verzeichneten. "Die Bundesbürger befürchten, dass die Rettungspakete für Griechenland und der schwächelnde Euro die deutsche Wirtschaft in ihrer Erholung beeinträchtigen könnten", erläuterte die GfK. Die aktuellen Ereignisse überlagerten sogar die positiven Konjunkturimpulse, die vom anziehenden Export und dem robusten Arbeitsmarkt ausgingen.
Zudem rechnen viele Verbraucher offenbar damit, dass die Rettungsbemühungen auch die Verschuldung der öffentlichen Kassen weiter in die Höhe treiben wird. Sie erwarten deshalb laut GfK größere Einsparungen oder gar Steuererhöhungen, weshalb auch die Einkommensaussichten spürbar zurückgingen. Der entsprechende Indikator hatte erst im Vormonat den höchsten Wert seit 2001 erreicht.
Bei der Anschaffungsneigung setzte sich die leicht rückläufige Tendenz fort. Die Konsumenten erwarten den Angaben zufolge, dass die Inflation steigt und die Kaufkraft entsprechend sinkt - dies hat traditionell Auswirkungen auf die Bereitschaft, Geld auszugeben. Dennoch seien die Aussichten für den Konsum im Prinzip nicht schlecht, betonte die GfK. Voraussetzung sei, dass die Diskussionen über die Stabilität des Euro demnächst verstummten.