Ölpest: BP räumt "Katastrophe" ein, Obama sauer
Mehr als einen Monat nach nach dem Versinken der Bohrinsel "Deepwater Horizon" breiten sich am Golf von Mexiko Zorn und Hoffnungslosigkeit aus. Zum Wochenbeginn rechneten Experten mit der massiven Verseuchung eines Küstengebietes westlich des Mississippi. BP-Geschäftsführer Bob Dudley räumte am Sonntag ein, dass die Ölpest "katastrophal" sei. Es wird befürchtet, dass in den nächsten Tagen immer mehr Öl an vorgelagerten Inseln vorbei in die zahlreichen kleinen Buchten und ins Marschland des US-Staates Louisiana dringt.

US-Präsident Barack Obama wollte am Montag erneut seine Heimatschutzministerin Janet Napolitano und Innenminister Ken Salazar an den Golf schicken: Sie sollen sicherstellen, dass alles Mögliche getan wird, um die Lage in den Griff zu bekommen. Die beiden sollen Druck auf BP ausüben. Innenminister Ken Salazar äußerte sich bei einem Besuch im amerikanischen BP-Hauptquartier in Houston (Texas) bereits "wütend und frustriert" darüber, dass es dem Unternehmen bisher nicht gelungen ist, den Ölaustritt ins Wasser und die Umweltverseuchung zu stoppen. "Wir sind am Tag 33 angelangt, und ein Termin nach dem anderen ist nicht eingehalten worden", sagte Salazar.

Salazar sagte, er zweifele zwar nicht daran, dass BP alles zur Lösung des Problems tue. Aber "habe ich Vertrauen darin, dass sie genau wissen, was sie tun? Nein." Wenn die Regierung herausfinde, dass BP "nicht tut, was sie tun sollten, dann werden wir sie entsprechend beiseiteschieben, und wir werden uns darum kümmern, dass alles getan wird, um die Menschen und die ökologischen Werte an der Golfküste zu schützen", zitierte der Sender CNN den Minister.

Schlamm, Gummiteile, Golfbälle - verschließen um jeden Preis

Das Unternehmen wollte schon am Sonntag versuchen, das Bohrloch durch den Beschuss mit einer schweren Schlamm-Masse zu schließen. Nach BP-Angaben dauern die Vorbereitungen aber länger als gedacht, weil das Manöver so kompliziert ist - daher soll nun frühestens am Dienstag damit begonnen begonnen werden. Klappt es nicht, gibt es nach Dudleys Angaben noch weitere Möglichkeiten. "Alle von uns bei BP versuchen, das Problem zu lösen", sagte der Geschäftsführer. Niemand sei wegen der Ölpest "mehr am Boden zerstört".

Klappt das nicht, will das Unternehmen die sprudelnde Ölquelle zum Verstopfen mit Golfbällen und Gummiteilen bombardieren. Danach gebe es noch andere Möglichkeiten, sagte Dudley dem Sender CNN. "Wir werden es immer weiter versuchen, wir werden nicht bis August warten." Dann sollen die Bohrarbeiten an zwei Nebenzugängen zum Hauptbohrloch abgeschlossen sein. Dadurch würde BP dann eine schwere Flüssigkeit und Zement einleiten, um die Quelle zu versiegeln.

Am Wochenende waren Roboter am Meeresgrund in 1.500 Metern Tiefe dabei, Ausrüstung für das als "Top Kill" bezeichnete Schlamm-Bombardement in Position zu bringen. Beginnt es schließlich, wird es nach Medienberichten mindestens eine Woche dauern, bis man weiß, ob das Loch tatsächlich verschlossen wurde. In die Operation sind drei große Schiffe und 16 Unterwasser-Roboter eingebunden.

Absaugen klappt nicht, Zersetzer-Chemikalie ist umweltschädlich

Das Öl sprudelt hauptsächlich aus einem Steigrohr, das beim Versinken der Bohrinsel "Deepwater Horizon" am 22. April abgerissen ist. Zwar saugt BP seit einer guten Woche einen Teil direkt aus der Leitung ab, aber trotzdem tritt weiter tonnenweise Öl ins Wasser aus. Wie viel genau, ist nach wie vor unklar. BP teilte inzwischen mit, dass die Menge abgesaugten Öls geringer ist als zuletzt angegeben. Wie ein Unternehmenssprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte, sind es nur gut 300 Tonnen statt 700 täglich - bei 5.000 Barreln Öl, die täglich austreten, eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Diskrepanz erklärte er damit, dass BP die Kalkulationsmethode geändert habe.

Im Kampf gegen die Ölpest hatte BP in den vergangenen Tagen auch die Chemikalie Corexit 9500 unter Wasser in der Nähe der Lecks eingesetzt, um das austretende Öl zu zersetzen. Die US-Umweltbehörde EPA wies das Unternehmen aber an, spätestens von Montag an auf ein anderes, weniger giftiges Mittel umzusteigen. BP beharrt indessen auf der weiteren Verwendung von Corexit - es verursache weniger Langzeit- Umweltschäden als andere Mittel und sei zudem wirkungsvoller, zitierte der Sender CNN aus einer BP-Mitteilung. Die Behörde prüfe jetzt die Stichhaltigkeit des Arguments und werde dann endgültig entscheiden.

Grüne rufen zum Boykott auf

Der erfolglose Kampf gegen die Ölkatastrophe hat BP bislang rund 760 Millionen US-Dollar (611 Mio Euro) gekostet, teilte der Konzern am Montag in London mit. Damit haben sich die Kosten innerhalb von zwei Wochen mehr als verdoppelt. Es sei aber noch zu früh, um genaue Zahlen zu nennen, hieß es.

US-Präsident Barack Obama setzte eine unabhängige Untersuchungs-Kommission ein, die innerhalb eines halben Jahres einen Bericht über die Ursachen des Öl-Unfalls vorlegen und Konsequenzen vorschlagen soll.

In Deutschland hat die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth am Montag zum Widerstand gegen BP aufgerufen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten durch verantwortungsvolles Kaufverhalten ein Zeichen setzen.

dpa