Patentstreit um Umckaloabo: Erfolg gegen Biopiraten
"Grünes Gold" nennen die Umweltschützer heilkräftige Kräuter und andere Nutzpflanzen aus Urwäldern, Wüsten und Gebirgen. Von Ureinwohnern seit langem erforscht und genutzt, können die Schätze der Natur in modernen Medikamenten Millionenumsätze einbringen. Doch es gibt Streit, wenn Konzerne das traditionelle Wissen armer Völker ausbeuten. Zum Internationalen Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai fordern Entwicklungsorganisationen Transparenz und eine gerechte Verteilung der Gewinne.
21.05.2010
Von Yvonne Mabille

Das Hustenmittel Umckaloabo ist ein Beispiel dafür. Der Sirup wird aus zwei südafrikanischen Geranienarten gewonnen. Kürzlich hat das Europäische Patentamt in München der deutschen Firma Dr. Willmar Schwabe ein Patent auf ein Verfahren zur Extraktion der Umckaloabo-Wirkstoffe aberkannt. Umwelt- und Entwicklungsorganisationen feiern die Entscheidung als Erfolg. "Es ist ein Durchbruch, weil es sich um Patente handelt, die auf Biopiraterie beruhen", sagt der Umweltexperte Michael Frein vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED). Biopiraterie steht für das unrechtmäßige Nutzen von Naturressourcen.

Schwabe und seine Tochterfirma Spitzner erzielen mit Umckaloabo rund 40 Millionen Euro Jahresumsatz. Das Patentamt entzog das Patent, weil "keine erfinderische Leistung" erkennbar war. Denn Umwelt- und Entwicklungsorganisationen wiesen nach, dass die Völker der Zulu und Xhosa in Südafrikas östlicher Kapprovinz seit Jahrhunderten Tinkturen aus der Wurzel der beiden Geranienarten Pelargonium sidoides und Pelargonium reniforme gegen Atemwegskrankheiten einsetzen. Nach dem Urteilsspruch zog die Unternehmensgruppe vier weitere Patentanmeldungen zurück.

Reisepass für Genressourcen gefordert

Die Hilfswerke wollen aber mehr. Laut der Konvention zum Schutz der biologischen Vielfalt, die 1993 in Kraft trat, soll Biopiraterie verhindert werden. Wer biologische Ressourcen und traditionelles Wissen wirtschaftlich nutzen will, soll bei den betreffenden Gemeinschaften eine Erlaubnis beantragen und die Menschen an den Gewinnen beteiligen.

[listbox:title=Mehr zum Thema online[Erklärung von Bern zu Umckaloabo##Homepage des Evangelischen Entwicklungsdienstes##Das afrikanische Zentrum für Biosicherheit (englisch)]]

"Es muss eine Art Reisepass für Genressourcen geschaffen werden," erläutert Frein. Das Dokument solle darlegen, für welche Zwecke Pflanzen gesammelt werden und wieviel von den Einnahmen abgegeben wird. Ein verbindliches Protokoll zu der Konvention soll die Einzelheiten regeln. Doch die Verhandlungen dauern nun schon sechs Jahre und stocken. Es ist völlig unklar, ob bis zur nächsten Weltkonferenz über biologische Vielfalt im Oktober in Japan eine Einigung erzielt werden kann.

Umweltschützer prangern vor allem Kanada als Blockierer an. Michael Frein vom EED warnt: Solange die Industrienationen sich nicht auf ein Vorgehen gegen Biropiraterie verständigten, seien die Entwicklungsländer auch nicht bereit, ihre Urwälder mit Gen-Ressourcen von unschätzbarem Wert für die ganze Menschheit besser zu schützen.

Patentstreit betrifft Verbreitung von Umckaloabo nicht

Der Firma Schwabe werfen die Hilfswerke vor, bislang keine Unterlagen über das Sammeln der Wurzeln und eine Gewinnbeteiligung von Einheimischen vorzulegen. Sammler der Geranienwurzel in Südafrika erhalten pro Kilogramm umgerechnet zwischen 18 und 36 Cent. Der durchschnittliche Tagesverdienst liege damit weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn in Südafrika, kritisiert Francois Meisenberg von der Schweizer Initiative "Erklärung von Bern".

Seit 30 Jahren vermarkten Schwabe und die Tochterfirma Spitzner das Arzneimittel Umckaloabo. Der Verzicht auf die Patente berühre die Verkehrsfähigkeit von Umckaloabo nicht, erklärt Traugott Ullrich, Spitzner-Geschäftsführer der Schwabe-Tochter Spitzner. Umsatzrückgänge seien nicht zu befürchten. Wer das Medikament nachbaue, müsse die Hürde der Zulassung als Arzneimittel überwinden.

epd