"Sie alle wurden erfüllt von dem Heiligen Geist", heißt es in den biblischen Berichten. Eine der ältesten Pfingstdarstellungen im syrischen Rabula-Evangeliar aus dem späten 6. Jahrhundert zeigt Flammenzungen, die sich auf den Häuptern der Apostel niedergelassen haben.
Flammen, Tauben und helle Strahlen zählen zu den beliebtesten Pfingst-Symbolen. Oft treten alle zusammen in einem Kunstwerk auf, etwa auf einem bemalten Holzrelief aus dem 17. Jahrhundert in der Kirche von Stora Köpinge in Schweden. In älteren Kunstwerken trägt der Heilige Geist manchmal auch die Gestalt einer Frau oder eines Jünglings, erhalten allerdings nur in manchen Darstellungen der Dreifaltigkeit. "Die Darstellung des Heiligen Geistes in menschlicher Gestalt gab es vereinzelt in der Epoche des süddeutschen Barock, etwa im Deckengemälde der ehemaligen Klosterkirche in Oberndorf am Neckar", sagt der Kunstbeauftragte der evangelischen Landeskirche Württemberg, Reinhard Lambert Auer.
Taube kommt in der Bibel gar nicht vor
Nach und nach aber wurde die Taube zum zentralen Sinnbild - obwohl in der biblischen Pfingsterzählung von ihr gar nicht die Rede ist. Dort wird vielmehr von einem Brausen und von Feuer gesprochen. In der Barockzeit wurden zu Pfingsten lebende Tauben in vielen Kirchen freigelassen. In anderen Gotteshäusern ließ man eine hölzerne Taube über den Köpfen der Gläubigen durch eine Öffnung in der Kirchendecke herunter, das "Heilig-Geist-Loch". Mit Weihrauch und Gebet empfing die Gemeinde dann das Heilig-Geist-Symbol.
Schon der Maler des Rabula-Evangeliars hatte in seine Darstellung des Heiligen Geistes auch die Taube hineingetragen. Hintergrund sind nach Darstellung von Kunsthistorikern die Berichte von der Taufe Jesu im Jordan. Im Markusevangelium heißt es dazu: "Und alsbald, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass sich der Himmel auftat und der Geist wie ein Taube herabkam auf ihn" (Markus, 1,10).
Auf dem Wildunger Altar des Conrad von Soest symbolisiert ein ungewöhnliches Bilddetail die Gegenwart des Heiligen Geistes: Petrus trägt darauf eine Brille - eine um 1400 neuartige Erfindung. "Göttliche Geistesgaben finden auf diesem Altarbild Ausdruck im menschlichen Erfindergeist", urteilen Kulturhistoriker.
Pfingsten als Triumph der Kirche in der Gegenreformation
Rund zwei Jahrhunderte später zeigte der spanische Barockmaler El Greco um 1600 eine aufgeregte Schar von Menschen mit Feuer auf den Häuptern, deren verzückte Gesichter vom göttlichen Geist erleuchtet sind - ganz wie in der biblischen Apostelgeschichte beschrieben: "Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen."
Im 17. und 18. Jahrhundert wurde Pfingsten häufig zum Bildgegenstand - nicht zuletzt, weil die katholische Gegenreformation darin die Möglichkeit sah, den Triumph der Kirche zu veranschaulichen. Der flämische Maler Peter Paul Rubens malte 1619 das Bild "Herabkunft des Heiligen Geistes" in Antwerpen. Sebastiano Bombelli schuf 100 Jahre später "Die Taube des heiligen Geistes" im Lichtkranz und umrandet von Engelsgesichtern.
Mystische Tiefen des menschlich-göttlichen Seins
Ganz andere Absichten trieben viele Künstler der Moderne zum Pfingstmotiv. "Einem unwiderstehlichen Verlangen nach Darstellung von tiefer Geistigkeit, Religion und Innigkeit war ich gefolgt, doch ohne viel Wollen und Wissen und Überlegung", schrieb etwa der deutsche Maler Emil Nolde 1909 über sein farbintensives Pfingstbild. "Ich ging hinunter in die mystischen Tiefen menschlich-göttlichen Seins. Fünf der Apostel waren gemalt, in ekstatischer, übersinnlicher Empfängnis des Heiligen Geistes."
Einen starken Eindruck von der Dynamik, in die sich die Urgemeinde versetzt sah, vermittelt auch ein in den 1960er Jahren entstandenes Pfingstbild des spanischen Surrealisten Salvador Dalí: Er lässt gleich ganze Ströme von gelbrotem Feuer auf die Apostel regnen.