Flutwelle wird am Freitag in Warschau erwartet
Der Pegel der Weichsel in Warschau steigt - doch die Hochwasserlage in der polnischen Hauptstadt ist in der Nacht zum Freitag vorerst unter Kontrolle geblieben.

Am späten Abend wurden 6,55 Meter gemessen - fünf Zentimeter über dem Alarmwert, berichtete der Fernsehsender TVPInfo. "Die Gefahr für die Stadt scheint gering zu sein", sagte Regierungschef Donald Tusk nach einer Sitzung des Krisenstabes. Für Freitagabend wird in Warschau dann mit dem Hochwasserscheitel gerechnet.

Der Pegel soll auf 7,80 Meter steigen und damit einen Rekordstand der Nachkriegszeit erreichen. Hunderte Feuerwehrleute und Soldaten verstärkten die Deiche vorsorglich mit Sandsäcken. Besondere Sperren wurden vor dem Warschauer Tierpark errichtet. Denn das Gebiet am rechten Weichselufer gilt als besonders gefährdet.

Abwarten in Brandenburg

In Brandenburg geben sich die Behörden entspannt - zumal dort erst für Mitte nächster Woche mit dem Höchststand zu rechnen sei, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Landesumweltamtes. Vor allem durch die Flutung von Poldern auf der polnischen Seite und Überschwemmungen nahe der Stadt Opole verschiebe sich das Eintreffen der Hochwasserwelle. Die Wasserstände in Ratzdorf - am Eintritt der Oder nach Brandenburg - befänden sich derzeit fast einen halben Meter unter dem Richtwert für die Alarmstufe 1, hieß es.

Derweil stieg die Zahl der Todesopfer der Flut in Polen auf zehn. In Tarnobrzeg im Zentrum des Landes wurde die Leiche eines 59-Mannes gefunden. Er war in seinem überfluteten Haus ertrunken, teilte eine Polizeisprecherin mit. Dort und im benachbarten Sandomierz mussten seit Mittwoch tausende Menschen in Sicherheit gebracht werden.

Tausende Menschen ohne Strom

Große Teile des Ortes Sandomierz standen weiterhin unter Wasser. Hunderte Einwohner sind seit Tagen im Einsatz, um eine Glashütte, den größten Arbeitgeber in der Region, vor den Wassermassen zu retten. An der Oder litten ebenfalls tausende Menschen unter den Folgen des Hochwassers. Dutzende Ortschaften in der Umgebung von Oppeln standen unter Wasser, tausende Haushalte mussten ohne Strom auskommen. Die Flutwelle soll laut Stadtbehörden am Samstagmorgen die Hauptstadt Niederschlesiens, Breslau, erreichen.

In Brandenburg wird am Wochenende mit der Alarmstufe 1 gerechnet, mit dem Scheitel der Flut rund drei Tage später. Die Behörden riefen dazu auf, das Vorland der Deiche zu räumen. Nach der großen Oder-Flut von 1997 seien die Deiche für Millionen Euro verstärkt worden, diesmal seien deshalb keine großen Schäden zu erwarten, sagte der stellvertretende Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Eberswalde, Sebastian Dosch. "Der Wasserspiegel der Oder steigt nur langsam, da rollt also kein Tsunami auf uns zu."

Polder werden möglicherweise geöffnet

"Es wird aber allenfalls die zweithöchste Alarmstufe 3 ausgerufen werden", sagte ein Sprecher des Lagezentrums im Innenministerium. Die Flut wird demnach nicht so hoch sein wie beim Jahrhunderthochwasser von 1997. Falls erforderlich, sollen auch in Brandenburg Polder geöffnet und Flächen gezielt überflutet werden.

dpa