Die Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer (KDV) lehnte die Vereinbarung der Koalition ab. Allem Anschein nach solle im sozialen Bereich ein Billiglohnsektor mit Pflichtdienststrukturen geschaffen werden, kritisierte am Dienstag der Vorsitzende der Zentralstelle in Bockhorn bei Wilhelmshaven, Werner Glenewinkel.
Der Zivildienst könne laut Grundgesetz gar nicht verlängert werden. Die Koalition führe mit ihrem Kompromiss ein neues öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis auf freiwilliger Basis ein, monierte Glenewinkel als Interessenvertreter der Zivildienstleistenden. Dieser neue Dienst entspräche einem Beamtenverhältnis auf Zeit, das zudem Tarifverträge und tariflich vereinbarte Mindestlöhne unterlaufe.
Freiwillige Verlängerung möglich
Nach monatelangem Streit hatten sich Union und FDP am Montag darauf verständigt, dass der auf künftig sechs Monate verkürzte Zivildienst freiwillig verlängert werden kann. Die Zivis müssen sich aber erst zwei Monate nach Dienstantritt entscheiden. Eine bessere Bezahlung bekommen sie bei der Verlängerung im Gegensatz zu Wehrdienstleistenden nicht. Voraussichtlich vom 1. August an soll der Zivildienst von neun auf sechs Monate und vom 1. Oktober an der Wehrdienst auf die gleiche Dauer verkürzt werden.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sagte am Dienstag in Berlin: "Der Zivildienst ist gerettet." Die Einigung sei nicht einfach gewesen. Jetzt bekämen die jungen Männer die Möglichkeit, den Zivildienst zu verlängern, wenn sie das wünschten. Die Zivildienststellen hätten zugleich die nötige Planungssicherheit. Ingrid Fischbach, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, betonte, die nun gefundene Lösung diene allen Beteiligten. Die freiwillige Verlängerung sei für die Zivis finanziell vorteilhafter und zudem unbürokratischer.
"Vermurkster Kompromiss"
Die Grünen sprachen dagegen von einem "vermurksten Koalitionskompromiss". Anstatt die Pflichtdienste zu konservieren, "müssen wir den Ausstieg aus Wehr- und Zivildienst gestalten und die Freiwilligendienste stärken", erklärten Agnieszka Malczak, Sprecherin für Abrüstungspolitik, und Kai Gehring, Sprecher für Jugendpolitik.
Die FDP sei mit ihrer Politik gescheitert, aus der ungerechten und sicherheitspolitisch nicht mehr begründbaren Wehrpflicht auszusteigen. Nun würden die Pflichtdienste zementiert, kritisierten die Grünen. Die Verlängerungsoption sei zudem verfassungswidrig, weil der Bund den Zivildienst nur als Ersatz für nicht geleisteten Grundwehrdienst regeln dürfe: "Wir warnen die Koalition davor, ein rechtswidriges Gesetz zu verabschieden", so die Grünen.
Einrichtungen brauchen Planungssicherheit
"Den Zivildienst freiwillig zu verlängern, halten wir zwar nicht für die optimale Lösung", sagt Kerstin Griese, Vorstand Sozialpolitik im Diakonischen Werk der EKD, in Berlin. "Aber unsere Einrichtungen brauchen Planungssicherheit." Dennoch bleibe die kurzfristige Umstellung schwierig. Griese wiederholte die Forderung ihres Verbandes, dass auch ein verkürzter Zivildienst als sozialer Lerndienst ausgestaltet sein müsse.
Zustimmung zum verkürzten Ersatzdienst kam auch vom Deutschen Caritasverband. Die Entscheidung der Koalition "erleichtert die Planungen in den Einrichtungen und Diensten", so Caritas-Präsident Peter Neher. Wichtig sei, dass die Zivildienstleistenden sich frei für diese Option entscheiden könnten und Zeit für diese Entscheidung bekämen.