Koalition für Transaktionssteuer - EU zähmt Hedge Fonds
CDU und FDP haben sich nach einigem Hin und Her darauf geeinigt, auf internationaler Ebene eine Finanztransaktionssteuer anzustreben. Auch bei der EU gewinnt eine solche Steuer wieder neue Bedeutung. Nach Expertenberechnungen könnte allein Deutschland bis zu 36 Milliarden Euro einnehmen.

Die Spitzen von Union und FDP haben sich nach langem Streit auf eine gemeinsame Linie bei der Beteiligung des Finanzsektors an den Krisenlasten verständigt. Die Koalition strebt nun auch die Einführung einer internationalen Finanztransaktionssteuer an. Das teilten die Fraktionsvorsitzenden von Union und FDP, Volker Kauder (CDU) und Birgit Homburger, sowie CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich am Dienstag in Berlin mit.

Nationale Maßnahmen

Kauder sprach von einer klaren Botschaft: "Wir wollen die Stabilisierung des Euro. Wir wollen aber auch, dass die Finanzmärkte an dieser Stabilisierung beteiligt werden." Die Bundesregierung werde aufgefordert, sich über eine Bankenabgabe hinaus für eine globale, europäische Beteiligung der Finanzmärkte einzusetzen. "Das heißt, für eine Finanztransaktionssteuer oder Finanzaktivitätssteuer."

Darüber hinaus werde die Bundesregierung aufgefordert, so schnell wie möglich auch zu nationalen Maßnahmen zu kommen. "Dazu gehört beispielsweise das Verbot 'ungedeckter Leerverkäufe'." Dies sieht ein Gesetzentwurf von Schäuble bereits vor. Vorangebracht werden solle zudem der Aufbau einer europäischen Rating-Agentur. Andere Maßnahmen, die bereits angegangen worden seien, wie die Kontrolle von Hedge Fonds, sollen beschleunigt werden.

Mit dem Angebot an die Opposition soll eine breite Zustimmung im Bundestag zum Milliarden-Rettungspaket für klamme Euro-Länder erreicht werden. Die Grünen wollen zustimmen. Die SPD ließ ihre Votum zunächst offen.

Gabriel fordert klares Bekenntnis

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte Union und FDP auf, sich klar zur Einführung einer Transaktionssteuer für die Finanzmärkte zu bekennen. "Unverbindliche Prüfaufträge reichen nicht aus", sagte er am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. "Dass sich die Koalition bei der Transaktionssteuer endlich bewegt, ist ein großer Erfolg der SPD", fügte er hinzu.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dämpfte die Erwartungen allerdings. Er halte die Einführung einer Transaktionssteuer auf Finanzgeschäfte in der EU für eher unwahrscheinlich. "Es macht keinen Sinn, Regelungen in Kraft zu bringen, von denen man vorher weiß, sie funktionieren nicht."

Mit dem Kompromiss will die Koalition den Oppositionsparteien entgegen kommen. Diese fordern seit längerem eine solche Abgabe, um Spekulationen wirksam einzudämmen. Eine Steuer auf Finanzaktivitäten betrifft nur Gewinne und Gehälter. Ein solche Abgabe hatte zuletzt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel favorisiert. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte dafür plädiert.

Die FDP hatte eine Finanztransaktionssteuer bisher strikt abgelehnt. Sie hält sie auch weiter für nicht durchsetzbar auf internationaler Ebene.

Schäuble bleibt skeptisch

Kurz vor der Tagung der EU-Finanzminister hatte sich auch Wolfgang Schäuble (CDU) noch skeptisch ob einer solchen Steuer gezeigt. "Es macht keinen Sinn, Regelungen in Kraft zu bringen, von denen man vorher weiß, sie funktionieren nicht", betonte der Finanzminister Schäuble. Die Transaktionssteuer spiele zwar in vielen Ländern eine wichtige Rolle, allerdings würde die Mehrheit der Finanzminister nicht davon ausgehen, dass eine europäische Lösung das Problem "hinreichend" lösen werde. Sie befürchten, dass die Steuer Wettbewerbsnachteile für die europäischen Finanzzentren mit sich bringt.

Trotzdem erhält die Idee einer Transaktionssteuer auch auf europäischer Ebene neuen Schwung. Bei einer Nacht-Sitzung der Euro-Finanzminister in Brüssel wurde deutlich, dass der Plan einer solchen Steuer auf fruchtbaren Boden fällt. Die Eurozone wolle sich auf internationalem Parkett dafür einsetzen, den Finanzsektor stärker an der Krisenbewältigung zu beteiligen. Dazu gehöre auch diese Steuer, sagte der Vorsitzende der Minister, Luxemburgs Jean-Claude Juncker.

Kein Euro-Land in der Runde habe sich diesem Kurs widersetzt. "Es wird so sein, dass diejenigen auch bezahlen müssen, die nicht unschuldig sind an dem Schlamassel, in dem wir alle stecken." Er sei auch dafür, dies auf europäischer Ebene zu machen, sagte Juncker. "Wir können uns nicht immer nur hinter den (US-)Amerikanern verstecken."

Einnahmen bis zu 36 Milliarden Euro

Welche Bedeutung die Finanztransaktionssteuer allein für Deutschland haben könnte, haben Experten der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung berechnet. Sie sprechen von einer Art "doppelten Dividende" für die Politik. Denn so ließen sich zum einen extrem kurzfristige und spekulative Finanzgeschäfte eindämmen, während gesamtwirtschaftlich sinnvolle Transaktionen nur wenig tangiert werden. Das würde die Finanzmärkte beruhigen und stabilisieren, Übertreibungen, wie sie in den vergangenen Wochen zu beobachten waren, würden unwahrscheinlicher, schreiben Gustav Horn und Till van Treeck. Allein für Deutschland rechnen die Experten mit einem Aufkommen zwischen 17 bis 36 Milliarden Euro, wenn die Finanztransaktionssteuer bei 0,05 Prozent liegen würde. Damit würden auch die Finanzmärkte einen erwähnenswerten Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. "Aus technischer Sicht wäre die Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer unproblematisch", schreiben die Wissenschaftler in ihrer Stellungnahme.

Auch den oft genannten Vorwurf, jeder kleine Sparer würde durch die Transaktionssteuer weiter belastet, lassen die Wissenschaftler nicht gelten. Da der Steuersatz sich vermutlich in einem Bereich von 0,05 Prozent bewegen würde, wäre sie als Bagatellsteuer einzustufen. Private Sparer legen ihr Geld in der Regel nicht in sehr kurzfristigen und hochspekulativen Investments an. Aber genau bei solchen Anlagen würde die Transaktionssteuer merklich ins Gewicht fallen. Auf genau diese Anlageformen sind dagegen Hedge Fonds und Investmentbanken fokussiert. Für wichtig erachten die Forscher daher eine enge Abstimmung zwischen Großbritannien und Deutschland, da in diesen beiden Ländern mehr als 90 Prozent der Börsentransaktionen in der EU getätigt würden.

Finanzminister beraten in Brüssel

Die Europäische Union legt spekulative Hedge Fonds an die Leine. Fondsmanager müssen sich künftig erstmals registrieren lassen und Risiken sowie Anlagestrategien offenlegen. Darauf einigten sich die EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel gegen den Widerstand einiger Länder wie zum Beispiel Großbritannien. Der Kompromiss solle nun mit dem Europaparlament verhandelt werden, das in die Gesetzgebung eingebunden ist, sagte die spanische Ressortchefin und amtierende EU- Ratspräsidentin Elena Salgado.

Mit der neuen Richtlinie will die EU für mehr Offenheit in dieser Branche sorgen, die mit ihren risikoreichen Geschäften zu Finanzmarktturbulenzen beigetragen haben soll. Bislang gibt es für Hedge Fonds keine Regeln. Großbritannien sieht solche Regeln mit gemischten Gefühlen, es beherbergt vier Fünftel der europäischen Hedge Fonds und befürchtet wegen der neuen europäischen Regeln Nachteile für den Finanzplatz London. "Wir sind eine Gemeinschaft und da gibt es auch Entscheidungen gegen ein einzelnes Mitgliedsland, das kann jeden betreffen", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). "Ich glaube, das Großbritannien das auch einsieht".

In der Nacht zum Dienstag nahm die geplante EU-Regulierung der Fonds bereits eine wichtige Hürde im Europaparlament. Der federführende Wirtschaftsausschuss stimmte in Straßburg einem Entwurf zu, der aber von der Linie der Mitgliedstaaten abweicht. So sprechen sich die Parlamentarier dafür aus, Hedge Fonds aus Drittstaaten wie den USA oder den Kaimaninseln den Handel in Europa zu erlauben, sofern sie sich an die neuen EU-Regeln halten. Das wäre nach dem Kompromiss der Mitgliedstaaten nicht möglich. Sie sind für eine Einzelregistrierung in jedem EU-Land.

fra/dpa