Das Thema Klima-und Umweltschutz ist in unseren Kirchen weltweit seit sehr langer Zeit ein wichtiges Thema. Schon 1983 hat der Ökumenische Rat der Kirchen den "Konziliaren Prozess" in Gang gesetzt mit drei Forderungen: Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung derSchöpfung.
Auf ganz vielen Ebenen beschäftigen wir uns heute damit, weltweit, aber auch im Kleinen. Weltweit schon allein deshalb, weil wir als weltweite Gemeinschaft eben stärker mitbekommen, wenn unsere Schwestern und Brüder im Pazifik ganze Inseln aufgeben und umziehen müssen. EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm erfuhr Anfang des Jahres bei seiner Reise in die bayerische Partnerkiche Papua-Neuguinea ganz hautnah davon: Wo das Meer früher war und wo es heute ist.
Warum beteiligen sich die Kirchen an solchen politischen Forderungen? Sollten sie sich nicht eher um das „Seelenheil“ kümmern und sich aus der Politik heraushalten? Nein – das geht nicht. Auch die Propheten im Alten Testament forderten immer den Einsatz für die Menschen und ihr Wohlergehen. „Recht und Gerechtigkeit“ war damals das Thema, der Klimawandel spielte naturgemäß noch keine Rolle. Doch schon ganz am Anfang der Bibel benennt die Schöpfungserzählung den Auftrag des Menschen: „Bebauen und Bewahren“.
Dafür setzen sich Christinnen und Christen ein. Weltweit, weil wir eine weltweite Gemeinschaft sind. Denn Gott will, „dass allen Menschen geholfen werde.“ (1. Timotheus 2,34) Dazu gehört übrigens nicht nur der Klimaschutz, sondern auch der Kampf gegen Armut, Hunger, fehlende Bildung, gegen Sklaverei und Fluchtgründe. Weltweit und ebenso bei uns vor Ort.
Am Freitag jedoch war der Klimawandel dran. Überall auf der Welt waren die Menschen auf den Straßen – und die Kirche mittendrin denn der Einsatz für bessere Lebensbedingungen für alle Menschen gehört zu unseren ureigensten Aufgaben. Bedford-Strohm lief in München bei der Demonstration mit. Viele Pfarrerinnen und Pfarrer waren mit den Menschen auf den Straßen. An vielen Orten läuteten symbolisch um fünf vor zwölf die Glocken oder blieben die Kirchturmuhren stehen. Die Kirchen luden ein zu Andachten zum Thema Klimawandel und – thematisch sehr passend – zum gleichzeitig stattfindenden Weltkindertag. Denn gerade die Kinder sind ja diejenigen, die unter dem Klimawandel am meisten leiden werden.
Die Evangelische Jugend (und natürlich auch die Katholische) war vielerorts sichtbar dabei. Einige Demonstrationen wurden sogar von den Kirchen organisiert. In Schweinfurt, meinem Heimatort, zog unsere „Wagenkirche“ mit dem Demonstrationszug mit – Kirche mitten zwischen den Menschen. Kirche mitten dabei.
Ja, ich glaube, so muss Kirche sein: Bei den Menschen. Engagiert und empathisch für die, die Not leiden, in welcher Form auch immer. Der Klimawandel ist das Thema unserer Zeit, das stärker als alle anderen das Leben der Menschen bedroht. Doch darüber werden wir die anderen Themen nicht vernachlässigen. Die Armut, auch bei uns. Der Pflegenotstand. Und und und. Wir können nicht überall sein – aber wir versuchen, für die Menschen da zu sein.
Übrigens: Auch für die, die sich als Verlierer in dieser Debatte fühlen. Die, die Angst haben, ihren Wohlstand zu verlieren, ihren Job, ihre Perspektive für ihr Leben.
Gott will, dass allen Menschen geholfen werde. Denen in Kiribati, die ihre Inseln verlassen müssen. Denen in Papua-Neuguinea. In Brasilien. In den USA. Auch hier bei uns in Deutschland. Und auch denen, die Hass und Missgunst verbreiten. Selbst unseren Feinden. Das ist unsere Aufgabe als Christinnen und Christen.
Der Satz geht übrigens weiter: „Gott, unser Heiland, will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ Mein Traum von Kirche ist eine empathische, engagierte Kirche für den Menschen, die nicht nach ihrem eigenen Vorteil fragt, sondern nach dem Vorteil der weltweiten Gemeinschaft, in der sie lebt – und dem Vorteil der einzelnen Menschen, denen sie begegnet. Mein Traum von Kirche ist, dass diese Kirche die Menschen „zur Erkenntnis der Wahrheit“ bringt. Nämlich: Dass wir, ganz egal, wie unser Leben hier ist, schon erlöst sind. In Christus. Und dass wir trotzdem nie aufhören werden, uns für das Leben in dieser Welt einzusetzen.