Früher®, ach was war das doch schön, als der Pfarrer (-in gab‘s noch nicht) in wichtig aussehenden, dicken Büchern eine gedruckte Version des Gottesdienstes vorfand. Der Ablauf – die „Agende“ – ist ja in großen Teilen jeden Sonntag gleich. Nur einige Elemente müssen ausgetauscht werden. Und natürlich ist da noch die Predigt, die der Pfarrer dann doch noch selbst zu schreiben gedachte.
Und bei Taufen, Trauungen, Beerdigungen – da schrieb man eben mit Bleistift fein säuberlich den Namen der betreffenden Person ins dicke Buch und radierte ihn hinterher wieder aus.
Ja, so war das wohl früher mal. Doch der Fortschritt begann vor vielen Jahren: Bereits in meiner Ausbildungszeit erschien in der bayerischen Landeskirche eine gedruckte Agende in Ordnerform. In einem dicken Ordner fanden sich diverse Formulierungsvorschläge für Gebete, Lesungseinleitungen und wasweißichalles, nur leider nicht für die Predigt. Das alles dann jeweils für jeden Sonntag im Kirchenjahr und für die verschiedensten Anlässe einzeln. So musste man nur noch das entsprechende Blatt aus dem dicken Ordner nehmen und an der richtigen Stelle in den dünnen Ordner einheften, schon war der Gottesdienstablauf fertig. Statt Bleistift verwendete ich übrigens diese gelben Klebezettel. Sah auch nicht super aus, war aber leichter entfernbar. Man stelle sich vor, wie diese Ordner bei Menschen aussehen, die – wie ich – kein besonders glückliches Händchen im Umgang mit zu sortierendem Papier haben.
Zum Glück aber gab es schon damals die kompletten Texte auch als PDF im Intranet. So fing ich ziemlich bald in meiner Pfarrerslaufbahn an, einfach alles in ein Word-Dokument (genauer: Anfangs Amiga Wordworth, später OpenOffice, heute LibreOffice) zu kopieren und für meine Zwecke anzupassen. Und seit Dezember 2011 habe ich kaum noch einen Gottesdienst auf gedrucktem Papier gehabt – mittlerweile begleitet mich mein drittes Tablet im Gottesdienst.
Für einen neuen Gottesdienstablauf verwende ich dabei meist einen alten, ähnlichen. Also beispielweise mit Abendmahl, oder mit Taufe. Wenn Namen vorkommen, hilft „Suchen/Ersetzen“ statt Bleistift und Radiergummi. Dank Gesangbuch elektronisch finden gleich auch alle Liedtexte und liturgischen Stücke ihren Weg aufs Tablet. Ach ja, die Predigt – die muss ich natürlich immer noch selbst schreiben. Aus nostalgischen Gründen schreibe ich sie immer noch in meiner alten Druckvorlage und kopiere sie erst später ins Gesamtdokument, obwohl ich schon mindestens die letzten 200 Predigten nicht mehr ausgedruckt habe.
Wie schön, dass nun auch die württembergische Landeskirche erkannt hat: Die Zeit der gedruckten Agenden mit Bleistiftnotizen nähert sich dem Ende. Gerne hätte der zuständige Kirchenrat Frank Zeeb seine Pfarrerinnen und Pfarrer mit einer elektronischen Agende auf DVD beglückt, doch glücklicherweise ließ er sich eines besseren belehren: Welcher moderne Computer besitzt heute schon noch ein Laufwerk für so was?
So gibt es nun also eine zugangsgeschützte Website, auf der sich württembergische Pfarrerinnen und Pfarrer vorerst eine Agende für Taufgottesdienste zusammenklicken können. Weitere Anlässe sollen folgen. Geht ganz einfach: Namen des Täuflings eingeben, den passenden Sonntag auswählen und noch ein paar zusätzliche Angaben machen, klick, fertig ist der Ablauf mit allen Texten und Liedern. Äh, die Predigt noch, natürlich.
Ehrlich: Für Taufen brauche ich das mittlerweile nicht mehr. Da habe ich meinen Ablauf im Kopf, nehme nur ein Blatt mit den Daten des Täuflings mit und bin dadurch viel näher bei den Menschen, kann auch auf sie eingehen und reagieren. Aber nicht alle haben schon zwanzig Jahre Berufserfahrung, und sicher werden viele so eine Hilfe durchaus begrüßen. Mit diesem Generator ist die Agende ein paar Minuten schneller zusammengestellt. Das ist doch schön. Ich klicke dich in Namen … ach nein. Das wird da dann schon richtig stehen.
Lustig finde ich dann aber doch diesen Satz von Kirchenrat Frank Zeeb, der wohl auch in Württemberg an der Realität etlicher Kolleginnen und Kollegen vorbeigehen dürfte, die mittlerweile schon lange und selbstverständlich ein Tablet nutzen:
„Unser Projekt zeigt: Die Digitalisierung hat nun auch einen Platz im Kernbereich unserer kirchlichen Arbeit gefunden, nämlich in Gottesdienst und Wortverkündigung“, erläutert Zeeb.
Er denkt schon einen Schritt weiter und kann sich gut vorstellen, dass statt wie bisher Ringbücher mit ausgedruckten Liturgien immer häufiger Tabletcomputer zum Einsatz kommen, auf denen die Pfarrerinnen und Pfarrer die gottesdienstlichen Texte lesen können.
Na, dann sind wir mal gespannt auf die Zukunft des württembergischen Gottesdienstes. Wie sagte Robbi aus dem Fliewatüüt immer so schön?
Klick.