Bibeln für Babel
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Eine schwedische christliche Gruppe möchte über IS-Gebiet Bibeln abwerfen. Ob das was bewirken kann?

Das Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris. Babylon. Keimzelle unserer Kultur vor drei bis vier Jahrtausenden. Einst ein blühendes Land, aus dem der Erzählung nach auch Abraham auszog in das Land, das sein Gott ihm verheißen hatte.

Heute jedoch wird die Region weit über Euphrat und Tigris hinaus heimgesucht von Kämpfen und Konflikten ungeahnten Ausmaßes. Menschen sind auf der Flucht vor den Kämpfern des selbsternannten Islamischen Staates. Oder vor den syrischen Rebellen. Oder den syrischen Regierungstruppen. Oder vor irgendwelchen anderen Gruppierungen.

Im heutigen Irak, am Rande des heute vom IS beherrschten Gebiets, lag die Weltmacht einer längst vergangenen Zeit: Babylon, bis heute bekannt durch das babylonische Exil, in das sich die israelische Oberschicht vor gut zweieinhalb Jahrtausenden begeben musste. Und durch den Oldie „Rivers of Babylon“.

Was tun gegen die Schreckensherrschaft des IS? Wie kommt das christliche Gebot der Feindesliebe gegen waffenstarrende Fanatiker an, die überhaupt keinen Dialog und keinen Frieden wollen, sondern nur die totale Unterwerfung? Das sind in der Tat schwierige ethische Fragestellungen, die wir nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten.

Was sind denn die Waffen des Glaubens? Nicht Kanonen, Bomben und Gewehre. Sondern das Wort. Die Liebe. Die Versöhnung. Geht hier nicht? Nein, wahrscheinlich nicht. Doch eine christliche Gruppierung aus Schweden möchte es zumindest probieren. Sie haben angekündigt, über IS-Gebiet mittels Drohnen Bibeln abzuwerfen. Und weil wir ja im 21. Jahrhundert leben, nicht einfach irgendwas. Sondern offensichtlich so eine Art batteriebetriebene E-Books. Wie genau die aussehen, in welcher Sprache sie verfasst sind und ob es sich nur um eine (subjektive?) Auswahl biblischer Texte handelt, darüber ließ die schwedische Kirche "Livets Ord" (Schwedisch für "Worte des Lebens") nichts weiter verlauten, außer dass diese 15 Euro teuren fliegenden Elektrobibeln etwa die Größe von Medikamentenschachteln hätten.

Auf den ersten Blick wirkt diese Aktion angesichts der waffenstrotzdenden Gewalt geradezu putzig. Doch gerade in evangelikalen und charismatischen Kreisen – zu denen diese relativ kleine Gruppierung offenbar gehört – gibt es ja immer wieder Erzählungen von Menschen, die zunächst der Bibel gegenüber skeptisch eingestellt waren, und die nach mehr oder weniger widerwilliger Lektüre einzelner Abschnitte doch zum Glauben gefunden haben. In etwa nach dem Schema: „Du kannst mir gerne eine Bibel schenken, aber ich werde jede Seite benutzen, um mir daraus eine Zigarette zu drehen“ – „OK, wenn du die Seiten vorher liest, bin ich einverstanden“ – „Ich habe sie gelesen und jetzt will ich mein Leben Jesus übergeben.“

Ob das in diesem Fall funktionieren kann? Das mit dem „einzelne Seiten rauchen“ geht bei einem E-Book nun wohl eher nicht, obwohl es ja auch E-Zigaretten gibt. Oder ob die Bibeln zumindest die immer noch vorhandenen versprengten Gruppen von Christen erreichen und sie in ihrem Glauben bestärken? Das zumindest bezeichnet Livets Ord als ihr vorrangiges Ziel und betont, es gehe ihnen nicht um den Kampf gegen Terroristen. Parallel dazu seien auch humanitäre Aktionen geplant, um den Menschen direkt vor Ort ganz praktisch zu helfen. Auszuschließen ist es nicht, dass diese Aktion tatsächlich etwas bewirkt. Und Gottes Geist dürfen wir durchaus auch etwas zutrauen. Vielleicht fällt die eine oder andere Bibel ja auf „gutes Land“ und bringt viele Frucht, ähnlich wie in Jesu Gleichnis.

Welche Lösung haben wir denn sonst? Bomben gegen Terror helfen vielleicht vorübergehend, die Kämpfer zurückzutreiben. Den Grundkonflikt zwischen den verschiedenen Kulturen beseitigen sie nicht. Selbst Entwicklungshilfe und von außen finanzierte Bildungseinrichtungen werden unter Umständen als überhebliche westliche Einmischung empfunden. Also Bibeln für Babel? Mit dem Bibelbomber über Syrien und den Irak fliegen? Möglicherweise heizt auch so eine Aktion nur die religiösen Konflikte weiter an. Eine wirkliche Lösung, die der ganzen Region dauerhaften Frieden und Versöhnung bringt, scheint mir in weiter Ferne zu liegen. Oder haben Sie eine bessere Idee?

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