Der Deutsche Evangelische Kirchentag 2017 hat gestern sein Plakatmotiv präsentiert – und viele haben sich wohl erst einmal verwundert die Augen gerieben und sich umgesehen, ob sie vielleicht zufällig aus Versehen beim Ki.Ka gelandet sind. Denn dieses Orange, das kam den Vertreterinnen und Vertretern von Presse und Kirche doch sehr bekannt vor. Ja genau: Hier kommt die Maus! Da – daadadamm damm dadadada, dada damm damm damm damm dadadada!
Klar, es ist auffällig. Es sticht heraus. Es will ja auch gesehen werden. Und die zwei Kulleraugen passen irgendwie zur auf das Wesentliche reduzierten Losung: "Du siehst mich."
"Du siehst mich", so rufen sie vom Plakat. Auch, wenn sie selbst damit immer noch ihren Retter Käptn Blaubär meinen, ist uns doch klar, dass es sich dabei nur um eine Parabel handelt. So, wie Käptn Blaubär der Retter des Volkes der Kulleraugenfüßler ist, glauben auch wir an einen Retter. Er sieht uns, ob mit Kulleraugen oder mit echten, ob von einem orangenen Plakat oder im völligen Dunkel. Im tiefen Tal oder auf dem hohen Berg. Am Äquator oder in Berlin.
Nein nein, das ist natürlich alles Quatsch. In Wirklichkeit ist das Plakat nur der Auftakt zu einer ganz neuen Stufe der Virtualisierung des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Da es ja von Kirchentag zu Kirchentag immer schwieriger wird, genügend Quartiere für die Teilnehmenden zu besorgen, geht die Veranstaltungsleitung nun neue Wege: Virtualisierung! Auf der Hannovermesse wurden in diesen Tagen speziell auf den Kirchentag abgestimmte Virtual-Reality-Brillen vorgestellt, ebenfalls mit zwei Kulleraugenfüßlern versehen. Mit ihnen wird es ein Leichtes sein, an allen Veranstaltungen des Kirchentags teilzunehmen, ohne selbst vor Ort zu sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel und selbst US-Präsident Barack Obama testeten diese Funktion bereits bei der Messe, wo sie live die Vorstellung der Plakate in Berlin verfolgen konnten. Angela Merkel kommentierte dies mit den Worten: "Dieses Plakat ist ein echter Hingucker. Und man ist definitiv schneller in Berlin als in zehn Minuten. Außerdem ist das Ganze viel umweltfreundlicher, als wenn Zehntausende Menschen nach Berlin reisen." Barack Obama kommentierte: "Mouse? I don't see a mouse anywhere." Auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hatte versucht, sich zuzuschalten, war aber leider am Münchner Flughafen herausgekommen. Beatrix von Storch von der AfD meinte: "Ich hoffe, dass es sich bei dieser Mausgeschichte um einen einmaligen Ausrutscher handelt."
Aber jetzt mal wirklich ernsthaft: Es mag sein, dass dieses Plakat ein wenig kindlich, vielleicht sogar kindisch daherkommt. Es mag sein, dass das für manche nur wenig zur Ernsthaftigkeit ihres Glaubens passt. Aber ist unser Glaube nicht gerade etwas Fröhliches, froh machendes? "Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen", sagt Jesus. Und was auch immer man von der Plakatgestaltung halten mag: Sie fällt auf und sorgt für Diskussionen. Mehr kann man sich von einem Plakat eigentlich nicht erwarten. Chapeau, Scholz & Friends! Und nun: Da – daadadamm damm dadadada, dada damm damm damm damm hier kommt der Kirchentag!