Keine Frage: Die Struktur unserer Kirchen in Deutschland wird sich in den nächsten Jahren – nicht einmal unbedingt Jahrzehnten! - grundlegend ändern. Und das nicht nur, weil die Mitgliederzahlen zurückgehen. Parallel dazu – und noch in viel größerem Maß – schrumpft die Zahl der aktiven Pfarrerinnen und Pfarrer. Bis zu einem Drittel der Pfarrerschaft geht in den nächsten Jahren in den Ruhestand; es kommen zwar junge, motivierte Menschen nach, aber lange nicht so viele, wie nun nötig wären. Die Folge: lange Vakanzen, gerade auf den Dörfern (wer will schon gerne vier Mini-Kirchengemeinden mit je eigenem Kirchenvorstand?); Überarbeitung bei denen, die die Vertretung übernehmen; Unzufriedenheit bei den Gemeindegliedern. So soll es nach Möglichkeit nicht sein.
Wie gut, dass christliche Kirchen nicht nur für sich existieren. Wir sind eine weltumspannende Gemeinschaft – und es ist durchaus erlaubt, einmal den Blick auf andere Länder zu werfen. Wie machen die das? Wie läuft das bei denen? Die bayerische Landeskirche beispielsweise hat eine Partnerschaft mit der Diözese Skara in Schweden. Im vergangenen Herbst predigte der schwedische Bischof zur Eröffnung der Tagung der Landessynode in Schweinfurt, am vergangenen Wochenende beschäftigte sich die Schweinfurter Dekanatssynode mit der Frage: Wie machen die das eigentlich?
Vielleicht gar nicht mal so schlecht, glaubt man dem, was der Referent Heinz Dunkenberger-Kellermann berichtete. Die schwedische Kirche stand zum 1.1.2000, als sie aufhörte, Staatskirche zu sein, vor gewaltigen Umbrüchen. Und sie reagierte darauf:
Statt Hunderte von Pfarrhäusern in kleinen Gemeinden zu erhalten und sich völlig zu zersplittern, gründete die schwedische Kirche Gemeindezentren in größeren Orten. Dort arbeiten mehrere Pfarrerinnen und Pfarrer, aber genauso auch andere Berufsgruppen, zusammen. Viel stärker als der klassische Dorfpfarrer, der schon immer den Anspruch des „Universaldilettanten“ mit sich trug und oft auch daran scheiterte, können hier alle ihre eigenen Begabungen mit einbringen: Die Pädagoginnen und Pädagogen kümmern sich um den Unterricht. Die Verwaltung um die Verwaltung. Und die Pfarrerinnen und Pfarrer um das, was eigentlich ihre Aufgabe ist: Gottesdienst und Seelsorge. „Tilsammans“ ist das Stichwort: „Zusammen“. Die Mitarbeitenden eines Gemeindezentrums fühlen sich im Idealfall als eine große Gemeinschaft, die für die Menschen in ihrem Gebiet gemeinsam zuständig ist. Keine Einzelkämpfer, wo jede(r) alles alleine machen muss.
Ja, dafür müssen die Pfarrerinnen und Pfarrer oft ein wenig weiter fahren zu den Gemeindegliedern. Dafür haben sie aber mit der Kindergarten-Abrechnung ebenso wenig zu tun wie mit der Pfarrhaus-Sanierung der Nachbargemeinde, der Belegung von Grab A16 auf dem Friedhof oder der Getränkebestellung für das Gemeindefest. Alles Dinge, die von einem deutschen Dorfpfarrer, einer Dorfpfarrerin oft selbstverständlich erwartet werden, von den ganzen kleinen Hausmeistertätigkeiten ganz zu schweigen.
Übrigens: In Schweden haben auch Pfarrerinnen und Pfarrer feste Dienstzeiten. 40 Wochenstunden – unsere bayerische Landeskirche versucht derzeit, mit Ach und Krach Dienstordnungen zu erstellen, die nicht über 48 Wochenstunden hinausgehen. Durch die größeren Verbünde ist trotzdem immer jemand telefonisch erreichbar. Versuchen Sie doch mal, selbst in der Stadt, am Freitag abend jemanden ans Telefon zu bekommen!
Trotzdem: Auch in Deutschland wird sich vieles ändern müssen. Noch haben wir die Reserven, um Strukturveränderungen aktiv angehen zu können. Wie wird die Kirche der Zukunft aussehen? Wie soll sie aussehen? Ich habe jedenfalls auch das Vertrauen, dass es gut werden wird. Mit Gottes Hilfe. Zusammen.
Ich bin sehr gespannt darauf, wie meine Arbeit als Pfarrer aussehen wird, sagen wir, in 20 Jahren. Kurz vor meinem Ruhestand (der dann hoffentlich nicht weitere zehn Jahre in die Zukunft verschoben wurde). Sicher anders als jetzt. Aber wie?
Was sind Ihre Ideen zur Kirche der Zukunft? Vielleicht entsteht hier in den Kommentaren ja eine konstruktive Diskussion. Zusammen. Tillsammans.