Pegida macht den Luther
Pegida-Demonstranten haben am 19.10.2015 in Dresden (Sachsen) eine Deutschlandfahne ausgebreitet.
Foto: dpa/Ralf Hirschberger
Pegida hat jetzt eine Hymne. Luther würde vor Neid erblassen.

„Vom Himmel hoch, da komm ich her“: Wer hat dieses Lied nicht in den vergangenen Tagen gesungen. Bis heute ist es eines der bekanntesten Weihnachtslieder nach „Last Christmas“. Kaum einer weiß aber noch, dass dieses Lied von Martin Luther stammt – wie manch anderes klassische Kirchenlied auch. Verleih uns Frieden gnädiglich: Eine deutsche Umdichtung des lateinischen „Da pacem“, natürlich von Martin Luther. „Ein feste Burg ist unser Gott“. Eine Vertonung des Vaterunsers, des Glaubensbekenntnisses, der Zehn Gebote, mancher Psalmen.

Martin Luther wusste eben, wie's geht: Mit einer Melodie lässt sich vieles leichter merken. Darum benutzte er Lieder, um die evangelische Botschaft unters Volk zu bringen. Twitter war ja noch nicht erfunden. Und die 15 Strophen von „Vom Himmel hoch“ waren für damalige Zeiten auch nicht zu viel verlangt. Heute sind wir froh, wenn wir die erste noch zusammenkriegen …

Mission durch Musik. Vermittlung wichtiger Inhalte durch Liedtexte, weitergetragen über echte Mundpropaganda. Die zentralen Sätze zum Auswendiglernen und Verinnerlichen, verbunden mit für damalige Zeiten eingängigen Melodien. Diese Lutherlieder haben zu einem nicht unerheblichen Teil dazu beigetragen, die lutherische Botschaft weiterzuverbreiten und auch in der Bevölkerung zu verankern. Diese Lutherlieder haben das christliche Abendland geprägt wie wenig anderes.

Kein Wunder, dass nun auch die selbst ernannten Retter eben jenes christlichen Abendlandes auf die gute alte lutherische Tradition zurückgegriffen haben. Natürlich bedienen sie sich modernerer Techniken. Die „Pegida-Hymne“ wird heute nicht von Mund zu Mund weitergegeben. Stattdessen können Sie sie für einen kleinen Beitrag bei iTunes (da offenbar doch nicht, was mal ein echter Pluspunkt für Apple ist), Amazon, Google und ähnlichen Musikportalen herunterladen – und damit gleichzeitig die Kassen der Bewegung klingeln lassen („Süßer die Kassen nie klingeln“ ist übrigens kein Lutherlied, aber immerhin von dem Theologen Friedrich Wilhelm Kritzinger geschrieben.)

Musikalisch ist die Hymne, nun ja, eher mau, aber Geschmäcker sind nun mal verschieden. In den Portalen häufen sich jedoch Kommentare wie „akustische Durchfallerkrankung“ und ähnliches, was darauf hinweisen könnte, dass auch andere sich ähnliche Gedanken um die musikalische Qualität dieses doch immerhin das christliche Abendland verteidigende Musikstück machen. Ein Artikel auf web.de fasst die schönsten Kommentare übersichtlich zusammen – etwa diesen hier: "Ich bin nicht sicher, ob das noch als Musik durchgeht, oder schon unter Folter fällt."

Doch wenden wir unseren Blick – oder unser Gehör – grausend von der Melodie weg, hin zum Text. Dieser bringt in gut lutherischer Manier die zentralen und wichtigsten Botschaften der Bewegung auf den Punkt. Zum Auswendiglernen und Weitergeben, ganz wie damals, zu Luthers Zeiten, im christlichen Abendland. Ja, Pegida, so muss das sein! Ein Lied und zack, alles Wichtige, was ihr zu sagen habt, ist drin. Kann man so weitergeben. Jetzt wissen alle, woran sie mit Pegida sind. Und nicht mal unerträgliche 15 Strophen wie beim ollen Luther, das geht alles viel, viel kürzer. Da uns selbst die 1,29 € für diesen Download zu schade waren, zumal sie ja der Unterstützung dieser fremdenfeindlichen Bewegung dienen, zitieren wir den Text lieber in der Version, wie sie „eine Zeitung“ veröffentlicht hat. Lesen Sie genau. Alle relevanten Inhalte der Pegida-Bewegung, übersichtlich zusammengefasst. Diese Hymne mit diesem Text wird dem kränkelnden christlichen Abendland zu alter Stärke verhelfen. Sie wird die deutsche Sprache prägen wie einstmals Luther. Sie wird ein ganz neues, tieferes Verständnis von Pegida befördern. Doch lesen Sie selbst:

mmh, mhmmm, mhmmmmmmmmmm

mmh, mhmmm, mhmmmmmmmmmm

mmh, mhmmm, mhmmmmmmmmmm, mmhmmm,

ahaa, ahaaaaaaa, ahaaaaaaaaaaaaaaaaaaa,

ahaa, ahaaaaaaa, ahaaaaaaaaaaaaaaaaaaa, a-haaaaaaaaa,

a-haaaaaaa,

ahaaahaaaa, lalalalaaaaaaaaaaaa,

ahaaahaaaa, lalalalaaaaaaaaaaaa,

lalalalaa, lalalala,

lalalalaa, lalalala,

mmh, mhmmm, mhmmmmmmmmmm,

mmh, mhmmm, mhmmmmmmmmmm,

mmh, mhmmm, mhmmmmmmmmmm, mmhmmm,

ahaa, ahaaaaaaa, ahaaaaaaaaaaaaaaaaaaa,

ahaa, ahaaaaaaa, ahaaaaaaaaaaaaaaaaaaa,

haaa, haaaaaaaa, haaaaaaaaaa, a-haaaaaaah,

haaa, haaaaaaaa, haaaaaaaaaa, a-haaaaaaah,

haaaaaaaaa, haaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa

Verfasser: unbekannt

Nachtrag 30.12.2015: Amazon hat offensichtlich auf die Kritik vieler Nutzer reagiert, der Konzern würde durch den Verkauf dieses Stücks fremdenfeindliche Organisationen unterstützen: Seit neuestem findet sich bei diesem Artikel die folgende Anmerkung:

Amazon hilft

Die Erlöse von Amazon aus dem Verkauf dieses Songs gehen an eine gemeinnützige Organisation zur Unterstützung von Flüchtlingen. 

Damit wird der Download dieses Artikels zu einer geradezu irren Sache: Sie unterstützen damit gleichzeitig Flüchtlinge und Flüchtlingsgegner. Gemeinsam sind wir stark.