Ich taufe dich auf den Namen ... äh ... Asterix.
Ein großer Internet-Versandhändler überrascht mit seinen Buchempfehlungen zur Taufe. Wir überraschen zurück.
Der große Versandhändler mit dem Fluss im Namen ist ja immer wieder für eine Überraschung gut. Vor allem aber ist sein Verkaufssystem, das muss man diesem großen Konkurrenten des örtlichen Einzelhandels lassen, perfekt auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt. Zu praktisch allen Lebenslagen findet man die passenden Empfehlungen. Sie suchen noch ein schönes Buch zu Weihnachten? Oder zum Geburtstag für einen 35jährigen vegan lebenden Single? Oder zur zehnten Trauung der Cousine des Enkels der Schwester Ihres Neffen dritten Grades? Für alles gibt es Listen, Vorschläge, Bestseller und natürlich „andere Kunden in der gleichen Notlage kauften dies und das.“
Möglicherweise kommen Sie ja auch mal in die Lage, etwas zu einer Taufe oder Geburt schenken zu müssen – oder gar zu wollen. Schauen Sie doch mal, was A. Ihnen empfiehlt. Da wäre auf Platz eins in der Rubrik „Bestseller in Geburt & Taufe Geschenkbücher“– der neue Asterix-Band „Der Papyrus des Cäsar“.
Screenshot (Ausschnitt) von http://www.amazon.de/gp/bestsellers/books/13695961
Screenshot vom 17.12.2015: Amazon empfiehlt als Buchgeschenk zu Geburt und Taufe "Asterix"
Was auf den ersten Blick nach einer ziemlich argen Geschmacksverirrung aussah – was bitteschön hat Asterix mit Taufe zu tun? – ist auf den zweiten Blick doch sehr naheliegend. Da kann eigentlich nur ein Computer draufkommen. Schließlich geht es in beiden Geschichten um Menschen, die irgendwie in einen Topf mit Flüssigkeit gefallen sind. Ob das nun das Taufwasser ist oder ein Zaubertrank – völlig egal! Ja, da könnte man als Pfarrer, Pfarrerin sogar eine wunderschöne Predigt draus machen, einmal, ein einziges Mal im Leben nicht über Psalm 91,11 „Er hat seinen Engeln befohlen“ predigen! Hach, wie schön: So, wie Obelix als kleines Kind in den Brunnen, nein, in den Zaubertranktopf gefallen ist und seitdem vor allen Gefahren gefeit, so ist auch Ihr kleiner Täufling ab heute ein Kind Gottes, dem weder Tod noch Krankheit noch Gefahren etwas anhaben kann. Schließlich hat Gott seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen. Oh, da sind sie wieder. Immer noch besser als zum Schluss zu gelangen „Taufe macht dick, schaut euch den Obelix an.“
Aber Cäsar? Was ist mit Cäsar? Und Asterix, der beste Freund? Und überhaupt, Majestix und wie sie alle heißen. Die Gedanken spinnen sich weihnachtlich weiter zur Krippe, in der das neugeborene Obelixkind liegt. Padmé Amidala und Anakin Skywalker stehen glücklich an der Krippe und blicken auf ihr neugeborenes Kind. Selbst der Vermieter des Stalls, Verleihnix, hat Tränen der Rührung in den Augen. Die drei Druiden Miracolix, Amnesix und Kryptograf schenken ihm Weihrauch, Myrrhe, Rosenkohl und noch weitere geheime Zutaten für den Zaubertrank. Die römischen Wildschweinhirten bringen vor Angst zitternd ihre Gaben und fliegen vorsorglich gleich selbst aus der Rüstung. Der Barde Troubadix versucht sich im Engelsgesang, was zur Folge hat, dass die Regentropfen am Himmel erfrieren und es wunderschön zu schneien beginnt. Data, C-3PO und R2-D2 fungieren als Ochs und Esel. Meister Yoda schwebt engelsgleich am Himmel, bringt aber immer die Wörter durcheinander und singt Dinge, die die Exegeten noch nach Jahrtausenden beschäftigen werden. Neben ihm schwebt Gucky, der Retter des Universums, und kaut seelenruhig an einer Mohrrübe, während er die Sichel des Miracolix als Stern über der ganzen Szene schweben lässt. Ein weißhaariger Mann namens Atlan steht leicht abseits und murmelt etwas von „ewigem Leben“ und „Zellaktivator“. Jean-Luc Picard spielt Weihnachtslieder auf der Blockflöte. Währenddessen bringen die Piraten das Kunststück fertig, selbst im Zaubertrankkessel Schiffbruch zu erleiden, was ihnen leider nicht in der gleichen Form weiterhilft wie später Obelix, da der Zaubertrank noch nicht fertiggestellt ist und derzeit nur dazu verhilft, dass das, was man in diesem Kessel tut, einem immer wieder widerfährt. (Diese Funktion ist eigentlich gedacht, um im Kessel beispielsweise Gold entgegenzunehmen, aber nun ja, was wäre die Welt ohne unsere untergehenden Piraten.)
Und schließlich: Der römische Kaiser Cäsar höchstpersönlich schickt seine Häscher aus, um dieses besondere Kind auf die dunkle Seite der Macht zu ziehen, doch ist ihm in den letzten 37 Asterix-Bänden damit kein Glück beschieden gewesen.
Ihnen ist das alles ein wenig zu irre? Ist ja auch egal. Der Internetriese A. will ja eigentlich auch nur, dass Sie guten Gewissens ein Buch kaufen. Also klicken Sie schon und kaufen Sie. Andere tun es doch auch. Oder vielleicht gehen Sie doch mal in die örtliche Buchhandlung und lassen sich da beraten. Sie könnten ruhig auch mal nach Büchern von einem gewissen Heiko Kuschel fragen.
Frohe Weihnachten, eine schöne Taufe und ein happy new year, Miss Sophie. Leben Sie lang und in Frieden.