Sommer! Endlich ist es mal wieder soweit. Nach Wochen, in denen Deutschland wahlweise über den zu warmen Winter oder den zu nassen/kalten Frühling oder die zu dunkle Nacht oder sonstwas gestöhnt hat, stöhnt es jetzt über die große Hitze. Parkscheiben schmelzen im Auto, Straßenbahnen verkleben, weil der Teer zwischen den Gleisen schmilzt, und der einzige kühle Ort im ganzen Universum scheint noch die örtliche Kirche zu sein.
Ja, in vielen alten Gemäuern ist es jetzt in der Tat angenehm kühl. Nur leider nicht in allen. Gerade die Pfarrerinnen und Pfarrer haben da mit ihrer Dienstkleidung ein echtes Problem: So ein schwarzer Talar wirkt bei dieser Sonneneinstrahlung wie eine mobile Sauna. Gehen Sie doch mal raus auf den Friedhof, eventuell an ein Grab, das nicht von einem Baum beschattet wird. Bleiben Sie da mal eine halbe Stunde im Talar stehen. Kein kühlendes Lüftchen weit und breit. Der Konfirmand, der als Kreuzträger angestellt ist, fällt schon nach zehn Minuten wegen Kreislaufproblemen aus bzw. um, aber hoffentlich nicht ins Grab (soll auch schon vorgekommen sein). Aber der Pfarrer, die Pfarrerin bleibt wacker standhaft!
Natürlich haben auch wir so unsere Tricks. Man sieht ja schließlich nicht viel davon, was wir untendrunter anhaben. Manche haben angeblich nur Unterwäsche an, dazu irgendwie abgeschnittene Hosenbeine und Hemdsärmel, die an den betreffenden Stellen aus dem Talar hervorlugen. Heute morgen postete eine Kollegin auf Facebook Kühlakkus zum in die Talartasche stopfen – leider nicht so sehr zu empfehlen, da diese auch eine gewisse Feuchtigkeit mitbringen, was sich dann auf dem Talar in Wasserflecken bemerkbar machen könnte.
Außerdem gibt es ja noch die sogenannten Tropentalare aus besonders leichtem Stoff. Die helfen zwar auch nicht allzu viel, wenn das Thermometer über 40 Grad steigt, aber immerhin kann man sich einbilden, die ungefähr 600 Euro gut angelegt zu haben. Zur offiziellen Dienstbekleidung im Freien gehört ja außerdem eine Kopfbedeckung, ein Barett. Das ist groß genug für einen Kühlakku. Blöd nur, wenn dann das Tauwasser an den Ohren hervortropft. Andere Kolleginnen und Kollegen träumen vom Freibadgottesdienst in Badehose. Da sind die Katholiken dann fein raus: Badehose und Stola reicht rein theoretisch aus, auch wenn es vermutlich der Würde des Anlasses nicht gerecht wird. Aber deswegen katholisch werden? Nein nein, so heiß ist es dann doch noch nicht.
Die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtet, jemand habe gehört, der Kollege eines Bruders vom Neffen des Redakteurs habe erzählt, ein Schulfreund seiner Schwester habe eine Lehrerin, die von einem Kollegen gehört habe … ach egal, möglicherweise ist es auch eine Geschichte aus dem Reich der Legenden, dass ein Pfarrer wegen zu schnellen Fahrens von der Polizei angehalten wurde (welcher Pfarrer würde schon im Talar Auto fahren? Also, außer mir. Ich habe das schon mal gemacht.) und auf den Vorschlag, er möge doch den Talar ausziehen, sehr zögerlich reagierte, weil er nur Unterwäsche drunter an hatte.
Eines der ersten Fotos von mir, die es in eine Regionalzeitung geschafft haben, stammt jedenfalls von meinem ersten Familiengottesdienst als Vikar. Zum Glück ist die Fotoqualität nicht allzu gut. Aber wer's weiß und genau hinsieht, bemerkt recht deutlich: Der hat unterm Talar aber keine schwarzen Schuhe an. Sondern einfach nur Sandalen (ohne Socken natürlich!). Vermutlich auch eine kurze Hose, so genau weiß ich das nicht mehr. Und die sieht man ja auch nicht.
Möglicherweise macht Hitze ja auch erfinderisch. Wie wäre es mit einer Predigt direkt aus dem mit erfrischendem Wasser gefüllten Taufbecken? „Wasser des Lebens“ und so. Besonders geeignet ist dafür Luthers Taufkirche in Eisleben (Welch schöner Ortsname!), die haben nämlich einen richtigen großen Taufbrunnen im Boden eingelassen, in den man komplett hinabsteigen kann. Noch ein paar Eiswürfel gefällig? Wir singen jetzt das Lied „An dir wir kleben in Tod und Leben“.