E-Pfarrer
Foto: iStockphoto/Martin Pietak
Ob Pfarrer einmal durch Computer ersetzt werden können? Wir hätten ein paar Ideen, aber doch Zweifel.

Na, haben Sie's gemerkt? Stilvoll Glauben hat eine kleine kreative Pause eingelegt. Zweieinhalb Wochen ohne einen einzigen unserer hochwertigen Beiträge auf dieser Seite – wir hoffen, Sie haben es überlebt, sind geistig aber schon so ausgetrocknet, dass Sie unseren heutigen Beitrag auch richtig würdigen können.

Eigentlich dachten wir, nach fünfeinhalb Jahren könnte der Computer das vielleicht auch schon selber mit dem Schreiben. Warum auch nicht. Google hat doch einen Haufen tolle Algorithmen, die alles mögliche mit Texten anstellen. Sollen die doch die vergangenen Artikel scannen und was neues basteln, was irgendwie so ähnlich klingt und auf jeden Fall ziemlicher Käse ist.

Hat der Computer aber nicht getan, was nun auch wieder sehr beruhigend ist. Denn eine Menge Berufe sind ja durch die fortschreitende Technisierung durchaus gefährdet, bangen um ihre Zukunft. Lokführer beispielsweise. Manche würden sagen: Die gehören abgeschafft. Ja, in Nürnberg fährt schon eine U-Bahn oben ohne, also, vorne ohne. Wo kein Lokführer, da kein Streik. Und Google – schon wieder dieses Unternehmen – lässt die ersten fahrerlosen Autos auf die Straße, die allerdings auch nicht ganz unfallfrei fahren. Wobei man es den Google-Autochens auch nicht wirklich vorwerfen kann, wenn ihnen einer hinten reinfährt. Blöd gelaufen, äh, gefahren.

Aber zurück zum Thema, sofern Sie selbiges überhaupt schon herausgefunden haben sollten. Es geht heute um die Ersetzbarkeit des Menschen durch Technik, speziell durch Computer. Die Süddeutsche Zeitung hat bereits vor einiger Zeit eine Website präsentiert, auf der Sie die Wahrscheinlichkeit anzeigen lassen können, dass Ihr Beruf durch einen Computer ersetzt wird. „Zugführer, Rangiermeister“: 83%. Tendenz in Streikwochen: Steigend (nein, das haben wir jetzt erfunden.) Blogger ist leider nicht aufgeführt, aber wie gesagt, es ist eh nicht so ganz klar, ob diese Zeilen hier nicht in Wirklichkeit von einem völlig irren Textproduktionstool stammen. Kennen Sie noch diese Pseudo-Chat-Programme aus den Anfangszeiten des Computers? Selbst mit dem guten alten C-64 konnte man sich halbwegs vernünftig unterhalten. Ich glaube, das Programm hieß Dr. Eliza und antwortete eigentlich immer nur mit nichtssagenden Floskeln, die aber fast immer passten.

Selbstverständlich habe ich auch meinen Hauptberuf in das Formular eingegeben. „Pfarrer“ war aber nicht im System, auch „Priester“ wurde nicht gefunden. Na ja, mal wieder typisch. Kirche und Christentum läuft mal wieder nur unter „Sonstiges“, wenn überhaupt, so dachte ich. Bis mich nun jemand auf Twitter darauf aufmerksam machte, dass mein Beruf doch berücksichtigt wurde: Als „Geistlicher“ besteht immerhin eine Chance von 0,8%, dass ich durch einen Computer ersetzt werde. Wie auch immer sie auf diesen Wert kommen. Etwas kränkend empfinde ich, dass „Psychologe“ nur auf 0,4% kommt, obwohl doch schon zu C-64-Zeiten Dr. Eliza deutlich das Gegenteil bewies.

Dabei hätten so Computer als Pfarrer durchaus ihre Vorteile. Ganz bestimmt. Sie könnten rund um die Uhr erreichbar sein. Auch nachts um vier muss kein Gemeindeglied auf einen seelsorgerlichen Chat verzichten. Dank Multitasking können solche Gespräche auch stattfinden, während der Computer gerade im selbstfahrenden Auto unterwegs zu einem Geburtstags- oder Krankenbesuch ist. Die theologischen Algorithmen zur Predigtproduktion werden in den ersten Jahren noch von der letzten Generation Theologieprofessoren verfeinert, bevor auch deren Weiterentwicklung von speziellen Entwicklungstools selbständig übernommen wird. Alles, was Verwaltung der Kirchengemeinde angeht, ist sowieso schon längst computerisiert, muss nur noch weiter automatisiert werden.

Fehlt noch der Punkt, wie soll ich es nennen: Leben mit der Kirchengemeinde. Dieser alte Traum einer funktionierenden Gemeinde auf dem Dorf. Der Pfarrer, die Pfarrerin im Mittelpunkt des Gemeindelebens. Grüßend nach links und rechts, mit genügend Zeit für ein Pläuschchen am Gartenzaun oder im kleinen Dorflädchen um die Ecke. Nun ja – wenn es nicht eh immer schon eine Utopie war, ein Traumbild von Gemeinde: Das ist es mittlerweile in vermutlich 99,2% aller Gemeinden. Also müssen wir neue Wege suchen. Der Computer als Pfarrer, immer ansprechbar, wenn auch nur online? Vielleicht ein menschenähnlicher Roboter für die Besuche und die Feier der Gottesdienste? Ach, ich weiß nicht so recht. Da träume ich dann doch lieber von der guten alten Zeit. Von Gesprächen, Gemeinschaft, langen Abenden mit guten Gesprächen und gutem Wein, alles das, was gemeinsames Leben eben so ausmacht. Und etwas, das Computer vermutlich noch sehr lange nicht können werden: Gefühle. Emotionen. Liebe.