Ah-Määähn!
Kreuzigungsgruppe auf dem Kreuzberg in der Rhön (Bayern)
Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Was trifft man am Karfreitagmorgen so auf dem Friedhof? Schafe natürlich, was sonst.

Ach, Jesus. Wie sagte er damals zu seinen Jüngern? „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir.“ (Johannes 10,27). Eine ganze Schafindustrie hat sich aus diesem Jesuszitat entwickelt. Bis heute nennen sich viele Pfarrerinnen und Pfarrer „Pastor/in“, Lateinisch für „Hirte“, und Gemeinden antworten regelmäßig auf Gebete im Gottesdienst mit einem zackig-meckernden „Ah-Määähn“.

Der Vergleich von Christen mit Schafen hat manchen Unmut ausgelöst. Denn Schafe gelten gemeinhin als ziemlich dumm, als Herdentiere, die ohne Anleitung kaum selber fressen können. Ein gefundenes, genau: Fressen für die Wölfe, sprich: Die Kritiker der Religion, die meinten, Christen seien ja auch in Wahrheit wie so eine Schafherde, leicht zu beeinflussen, ein klein wenig blöde, aber immerhin recht nett anzuschauen. (Ja, natürlich gibt es auch bei uns Christen solche, die einfach nur mitlaufen. Die gibt es in jedem Verband, jedem Verein, jeder Gemeinde.)

Zur Zeit Jesu war der Vergleich sicher gut verständlich. Jeder wusste, wie Schäfer arbeiten, was ein guter Schäfer tut, wie er für seine Herde da ist. Heute dagegen gibt es nur noch vergleichsweise wenige Schafherden und trotz twitternder Schäfer ist der Beruf des Hirten nur noch in den Grundzügen bekannt.

Bleiben noch die echten Schafe, also nicht die in der Kirche, sondern die draußen auf der Weide. Ganz so doof scheinen sie nicht zu sein, wie man immer denkt. Zumindest den oben genannten Bibelvers scheinen sie perfekt auf ihr eigenes Leben anwenden zu können. Wie sonst wäre es zu erklären, dass eine Schafherde ausgerechnet am Karfreitag dieses Jahres gewissermaßen ihren Hirten Jesus besuchen kamen? Wo? Natürlich auf dem Friedhof. Klar, ist ja Karfreitag. Machen Sie doch mal in Deutschland eine Umfrage unter Menschen, wo man Jesus am Karfreitag suchen muss. Die Schafe wussten es. Außerdem gab es da ja auch noch leckere Blumen, Gräser, Bäumchen zu fressen, so ganz nebenbei, aber das war natürlich wirklich nebensächlich, das nimmt man halt so mit.

Schade eigentlich, dass eine übereifrige morgendliche Joggerin (Karfreitagmorgen! Wer käme denn da auf die Idee, zu joggen und das andächtige Mampfen einer Jesus nachfolgenden Schafherde zu stören!) auf die fromme Herde aufmerksam wurde und die Polizei zu Hilfe rief, die dann wiederum den Schäfer alarmierte, so dass das große Fressen leider, leider viel zu früh beendet wurde.

Möglicherweise haben Joggerin und Schafherde ganz nebenbei die Lösung für unsere oft ach so leer stehenden Kirchen gefunden. Ja, genau. Wir treiben einfach fromme Schafe hinein. Die füllen unsere Kirchen, schreien gerne mal Ah-Määähn, das kriegen die auch noch hin, und können sogar Ostern und Karfreitag unterscheiden.

Aber nein, Schafe in der Kirche. Das wäre wieder Wasser auf die Mühlen der Kritiker, siehe oben. Aber vielleicht laden wir die Gemeinde mal am frühen Karfreitagmorgen auf den Friedhof ein? Die fressen wenigstens nicht die Blumen vom Grab.

Ah-Määähn.