Gefährliche Worte

Im Urlaub brauche ich eigentlich nicht viel. Mal eine etwas andere Umgebung. Wenn's geht, schönes Wetter. Eine Beschäftigung für die Kinder. Aber vor allem: Gute Bücher. Heute habe ich wieder eines ausgelesen, das mich sehr bewegt hat. „Die Bücherdiebin“ von Markus Zusak. Liesel, die Hauptfigur des Romans, ist im Jahr 1939 gerade neun Jahre alt und erlebt Krieg und Judenverfolgung hautnah mit. Vor allem aber entdeckt sie nach und nach ihre Liebe zu Büchern. Zu Worten. Sie begreift, welche Macht Worte haben – und dass auch Hitler nur Worte gebraucht, um ganz Deutschland, ja ganz Europa zu unterwerfen. Eine andere Waffe als seine Worte hat er gar nicht nötig, dieser Führer.

####LINKS####Ein Zufall, dass ich heute auf einen ganz anderen Artikel gestoßen bin. Einen über Mega-Churches in den USA. Darüber, wie die Menschen in diesen Gottesdiensten geradezu aufgeputscht werden. Wie ihr Bedürfnis gestillt wird, „zu Anführern aufzuschauen“.

Nein, ich möchte die Leiter dieser Mega-Churches nicht mit Hitler vergleichen, wahrlich nicht. Zwischen der menschenverachtenden Polemik Hitlers und der (zumeist sehr konservativen) Predigt dieser Kirchenmenschen liegen Welten, und das ist gut so. Aber die Mechanismen ähneln sich. Menschenmassen, die sich sagen lassen, was sie zu denken und zu fühlen haben. Die zu einem (An-)Führer aufschauen.

Es mag sein, dass diese Mega-Churches ein wichtiger Bestandteil von Gottes Plan sind. Mir sind sie genau wegen dieser Mechanismen ein wenig suspekt. Für mich heißt „evangelisch sein“: Den eigenen Kopf gebrauchen. Das eigene Gewissen befragen. Gottes Willen für mich erkunden und dabei immer wieder hinterfragen: Ist das mein Wille, was ich mir da zusammenreime? Oder wirklich das, was Gott von mir will? Das habe ich von Luther so gelernt und an ihm immer bewundert.

Leider, leider ist das ziemlich kompliziert mit dem Gewissen befragen, dem Hinterfragen und überhaupt alles in Frage stellen. Wie überhaupt alles immer komplizierter wird in unserer Welt. Es bräuchte mal einen, der das alles etwas vereinfacht und den Leuten sagt, wo's langgeht. Vielleicht sollte ich mal so eine Mega-Church gründen und den Leuten erzählen, wie Glauben richtig geht ...