Bluey oder: Was hilft
Von Zeit zu Zeit die Welt beobachten - diesmal: Bluey

Es ist Oktober. Meine Timeline ist voll mit karierten Schals, Pumpkin Spice Latte und der Verheißung, wir könnten uns nun alle in unseren Betten oder wahlweise übergroßen Barbour-Jacken verkriechen und so den Winter, die US-Wahl, den Rechtsruck, die Rückkehr der Low-Waist-Jeans und die allgemeine Erschöpfung überstehen.

Spoiler: Ich hab's probiert. Es klappt leider nicht ganz.

Was allerdings klappt, ist: Bluey schauen. Meine Nichte und mein Neffe haben mir das im Sommer beigebracht. Bluey ist eine australische Animationsserie für Vorschulkinder und für alle. Es geht darin um eine Hundefamilie, bestehend aus Mom, Dad und den beiden Töchtern Bluey und Bingo. Eine Folge dauert etwa 8 Minuten - und danach, ich schwöre es!, geht es einem jedes einzelne Mal besser.

Bluey und Bingo spielen mit sehr viel Phantasie. Und das Besondere ist, dass die Erwachsenen sich ganz und gar auf ihre Spiele einlassen. Mom und Dad werden verhext, ferngesteuert, fahren auf einem Sofa Bus. Und: sie merken immer, wenn Bluey und Bingo traurig sind, dafür aber vielleicht noch keine Worte haben. Dabei sind Mom und Dad nicht glatt poliert. Sie sind auch genervt, müde, manchmal ungerecht, müssen und können zugeben, dass sie Fehler gemacht haben.

Ich schaue also Bluey zu, wie sie versucht, das beste, das PERFEKTESTE Bild als Geschenk für Dad zum Vatertag zu malen. Wie sie ihre Bilder mal um mal zerknüllt. Wie sie erst laut und scheinbar selbstbewusst ist und dann immer stiller wird. Am Ende stellt sich heraus, dass sie gehört hat, wie Mom ein Bild von Bingo PERFEKT nannte und es an den Kühlschrank über ein Bild von Bluey hängte.

Ich schaue Bluey zu. Und natürlich sehe ich mich in ihr. Meine Anstrengungen, es gut, ja PERFEKT zu machen. Meine tiefe Sehnsucht, gesehen zu werden. Und ich sehe den Moment, in dem Mom Bluey in den Arm nimmt und sagt: Es tut mir leid, Bluey. Ich bin nicht perfekt. Mutter sein ist so schwierig wie Malen.

In eigentlich jeder Folge von Bluey gibt es diesen Moment, der etwas in mir anrührt. Oft lache ich und manchmal weine ich. Weil es so gut tut zu sehen, wie Kinder einfach nur Kinder sein dürfen. Zu sehen, dass Spielen eine Superkraft ist. Und dass es welche gibt, die dich sehen und verstehen, auch wenn du ganz still und klein wirst und dich selbst nicht verstehst.

Wenn ich Bluey schaue, dann glaube ich wieder, dass es eine Wärme in der Welt gibt, die noch tröstlicher ist als die von karierten Schals, noch zimtiger als Pumpkin Spice Latte. Und dass es besser wird mit uns. Ja, wirklich. Das glaube ich.


Wochenaufgabe:

Natürlich Bluey schauen!