"Der leere Stuhl" heisst ein Buch mit Aphorismen und Zitaten von Rabbi Nachmann, im englischen Original 1994 von Moshe Mykoff und dem Breslov Research Institute herausgegeben. Es beginnt damit, dass der Rabbi darüber nachdenkt, ob der Stuhl, auf dem man sitzt, leer sein könnte, wenn die Person, die auf dem Stuhl sitzt, sich leer fühlt. Denn dann wäre der Stuhl zwar besetzt, aber dennoch leer.
Quasi eine Schrödingersche Sitzangelegenheit...
Dieses Jahr blieben bei uns beim Seder zwei Stühle leer.
Also offensichtlich leer, nicht nur durch unsere Traurigkeit entleert.
Zwei leere Plätze also, an unserem Sedertisch.
Normalerweise bleibt ein Platz am Sedertisch frei. Traditionellerweise ist ein Gedeck beim Seder für den Propheten Elia reserviert, der nach der jüdischen Tradition die Ankunft des Messias ankündigen soll. Auf diesem Platz steht auch ein gefülltes Weinglas, bei dem die aufgeregten Kinder gucken, ob es im Verlauf des Abends irgendwie leerer wird.
So war es bisher.
Der leere Platz symbolisierte also eher etwas Positives.
Etwas, worauf wir warten und hoffen.
Dieses Jahr wurden in vielen Familien noch ein weiter Platz gedeckt - und blieb leer.
Zum einen in den Familien, deren Angehörige noch immer in Gaza in Geiselhaft sind, zum anderen aber auch in vielen Familien aus Solidarität, um auszudrücken, dass auch sie an die Geiseln denken, dass auch wir unsere Leute zurück haben wollen.
Wir Juden feiern grade Pessach. Das Fest erinnert uns an die Befreiung aus Ägypten und der Gefangenschaft. Let my people go! Wir feiern die Freiheit, und gleichzeitig die Verbundenheit miteinander und mit Gott.
Zum Seder gehören u.a. Matzen (ungesäuertes Brot), bittere Kräuter und Charosset (eine Mischung aus Früchten, Zimt, Nüssen und Wein). Und natürlich die Haggadah (die Erzählung vom Auszug des Volkes Israel aus Ägypten), die gelesen wird. Die hebräische Wurzel des Wortes „Haggadah“ ist verwandt mit der Wurzel „aggadah“: „Hag gadah“ bedeutet „erzählen“ und „aggadah“ bedeutet „zusammenbringen“. Und so bringen wir alles zusammen um den Sedertisch und erzählen uns von der Freiheit. Die Pessach-Geschichte ändert sich nie.... Und doch hat jede Generation ihre eigene zeitgemäße Interpretation. Und diese Botschaft hat Bedeutung für die Gegenwart und für die Generationen, die kommen. Dieses Pessach erzählt uns von neuen leeren Stühlen.
"Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen", heisst ein altes Sprichwort. Wir Juden sind jetzt bereit, liebes Glück. Hier stehen leere Stühle en masse.
Komm doch!