Da stehe ich, fest verwurzelt in meinen Traditionsstiefeln, und proklamiere dem Rest meiner Familie, dass der Freitag – trotz des verführerischen Fischwagens am Mittwoch – unser Fischtag ist. Ich kann den Duft der frisch gegrillten Makrelen förmlich riechen, die sich in der Mitte der Woche unseren Nasen präsentieren, doch Freitag bleibt Freitag.
Ja, ich sehe die genervten Blicke und das leichte Zucken in den Augenwinkeln meiner Liebsten. Ihre matten Versuche, mich zu überzeugen, dass der Fisch vom Mittwoch einfach frischer und besser schmecken würde. Aber da bin ich, unbeirrt und stur. Doch tief in mir drinnen weiß ich, dass sie es auch lieben. Oder zumindest hoffe ich das.
"Warum zum Teufel gibt es bei uns in der Fastenzeit kein Fleisch?" Nun, vielleicht weil 40 Tage Verzicht uns daran erinnern, dass man nicht immer alles haben kann, wann man es will. In einer Welt der Sofortbefriedigung kann es eine erfrischende Herausforderung sein, einfach mal "Nein" zu sagen. Zugegeben, es hat auch etwas mit unserer Familiengeschichte zu tun. In der Traditionen nicht einfach nur Traditionen sind, sondern kleine Verbindungsstücke, die uns an Generationen vor uns binden. Sie sind die Stille im Lärm, die uns erdet.
Weihnachtsschokolade vor dem Ewigkeitssonntag? Oh, wie gerne würde ich manchmal schon im Oktober in diese süßen Leckereien beißen. Die Geschäfte locken früh, die Verlockung ist groß. Aber nein, ich warte – und zwinge meine Familie, es ebenso zu tun. Sie mögen es vielleicht als "Mama-Quälerei" bezeichnen, doch dieses Warten hat seinen eigenen Reiz. Die Vorfreude, die Erwartung und schließlich die Befriedigung, wenn der ersehnte Tag endlich da ist.
Der Barbarazweig hat einen festen Platz in unserem Zuhause. Jedes Jahr, ohne Ausnahme, bringen wir diesen kleinen Zweig ins Haus, in der Hoffnung, dass er bis Weihnachten blüht. Meistens tut er das nicht. Aber es geht nicht wirklich um die Blüten. Es geht um die Hoffnung, die Vorfreude und die kleine Erinnerung, dass Wunder manchmal Zeit brauchen.
Ich gebe zu, ich habe eine seltsame Liebe zu diesen Traditionen. Sie sind wie alte Freunde, die mich jedes Jahr aufs Neue besuchen. Ich kann nicht genau sagen, warum sie so eine Anziehungskraft auf mich haben. Vielleicht, weil sie mir das Gefühl geben, Teil von etwas Größerem zu sein. Oder weil sie mir Momente der Ruhe in einem sonst so hektischen Alltag geben. Oder vielleicht, weil sie mich daran erinnern, dass das Leben – trotz all seiner Höhen und Tiefen – schön ist, wenn man es durch die Linse der Tradition betrachtet.
Das Beste daran? Meine Familie macht mit. Sie folgen mir auf dieser Reise durch unsere Familiengeschichte, durch Höhen und Tiefen, durch Lachen und Stöhnen. Vielleicht nicht immer mit Begeisterung, aber immer mit einem liebevollen Augenrollen. Und obwohl sie es nie zugeben würden, glaube ich insgeheim, dass sie diese Traditionen genauso lieben wie ich.
So quäle ich meine Liebsten Jahr für Jahr mit alten Bräuchen und Ritualen, in der stillen Hoffnung, dass sie eines Tages dasselbe für ihre eigenen Familien tun werden.