Wasser und Licht
Von Zeit zu Zeit die Welt beobachten - diesmal: einen Topf Basilikum.

Wie viele andere war ich in den letzten Wochen nicht zu Hause. Als ich dann wieder meine Tür aufschloss, streckte und reckte sich meine vor sich hindämmernde Wohnung und murmelte noch etwas schlaftrunken: Hallo, da bist du ja wieder!

Ich stellte den Koffer ab (und nahm mir vor, ihn heute noch und quasi sofort komplett auszuräumen, was ich natürlich nicht tat). Ich zog die Schuhe aus. Ging in die Küche. Und von dort auf den Balkon.
Und da war er: der Topf mit Basilikum, den ich vor meinem Urlaub im Supermarkt gekauft hatte.

Was soll ich sagen - das Basilikum war ein einziger Vorwurf. Hängende Blätter, schlapp, eingerollt und kränklich welk dunkelgrün. Erschöpft, als wäre es mit meiner Kondition (sie ist quasi gleich null) auf einen Berg gestiegen oder noch schlimmer: als hätte es mindestens 3 Tage einem Mann dabei zugehört, wie er Gitarre spielt und erklärt, warum der Barbiefilm in Wirklichkeit antifeministisch ist und du, liebe begeisterte Person in Pink, alles nur missverstanden hast.

Ach Basilikum, I feel you so! Erschöpfung, Schlappheit, noch den letzten Rest Feuchtigkeit aus viel zu trockener Erde ziehen, eigentlich was ganz anderes brauchen: ich kenne es so gut. An schlechten Tagen ist meine Seele ein vernachlässigtes Basilikum. An anderen kommt mir meine liebe Kirche so vor. Oder why not - gleich unsere ganze Gesellschaft: exhausted und überfordert vom dauernden Wachsenmüssen, von all den Ansprüchen. Zu wenig gegossen mit dem, was es wirklich braucht.

Da räusperte sich das Basilikum. Ich sagte: Es tut mir leid, Schatz.

Ich stellte es in die Spüle unter den Wasserhahn. Und - ihr ahnt es natürlich: eine Stunde später war es wieder stark und schön, hellgrün und duftend. Eine einzige Resilienz.

Ich aber sage also diese Woche mir und euch: Wenn nun ein kleines Basilikum für 99 Cent bei Netto so viel Kraft hat - sollten wir alle gemeinsam es nicht auch haben? Wenn wir das geben, was die andere wirklich braucht. Und vielleicht noch herausfordernder: Wenn wir uns das geben lassen, was wir wirklich brauchen. Wasser und Stille. Pausen und Licht. Und Vergebung. Vielleicht wäre es ganz einfach. Und unsere Seelen, unsere Kirche, unsere Welt richteten sich auf und dufteten nach Basilikum.

 


Wochenaufgabe:

Natürlich das Basilikum gießen. Und selber eins sein.