Dieser Kirchentag war für mich eine dringend benötigte Verschnaufpause inmitten einer Zeit, die mich mit Anspannung und Unsicherheit erfüllt. Die Menge an Nachrichten und die Flut an Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, lassen mich ständig unruhig sein. Die Bewältigung der Nachwirkungen der verheerenden Corona-Pandemie, die Sorge um den Ukrainekrieg, die bedrückende Zunahme von Queerfeindlichkeit, der bedrohliche Aufstieg des Neonationalismus und natürlich auch die immer deutlicher werdenden Auswirkungen des Klimawandels und die sich häufenden Naturkatastrophen - all diese Faktoren peitschen mich innerlich zur permanenten Unruhe auf.
Doch während des Kirchentags spürte ich eine Veränderung in der Atmosphäre. Es war, als ob der Lärm der Welt draußen blieb und ein Hauch von Frieden und Gelassenheit die Luft erfüllte. Für fünf kostbare Tage konnte ich dieser Alltagsunruhe etwas besser entkommen und eine wohltuende Auszeit erleben. Die drängenden Themen waren zwar präsent, doch auf dem Kirchentag schienen sie nicht so übermächtig zu sein.
Inmitten dieser Zeit voller Anspannung und Aggressivität fand ich auf dem Kirchentag einen Ort der Menschlichkeit. Wir achteten wieder mehr aufeinander und zeigten Zivilcourage. Es war erfrischend zu sehen, wie selbstverständlich jemand den Kinderwagen die Treppe hinuntertrug oder jemandem eine Schmerztablette gab, auch wenn sie eigentlich rezeptpflichtig war. Sogar in der vollen Bahn wurde Platz geschaffen, obwohl eigentlich niemand mehr hineinpasste. Diese kleinen Gesten der Hilfsbereitschaft und des Mitgefühls, die im hektischen Alltag oft verloren gehen, flammten auf dem Kirchentag vermehrt auf. Und genau das ließ mich zur Ruhe kommen. Ich fühlte mich umgeben von Menschen, die ebenfalls von der Last dieser Welt gezeichnet sind und trotzdem bereit sind, einander zu unterstützen.
Der Kirchentag mag nun vorbei sein und möglicherweise kehrt im Alltag wieder die Anspannung zurück, aber ich weiß jetzt, dass das Mitgefühl, das ich auf dem Kirchentag erlebt habe, noch in uns allen lebt und wir es in turbulenten Zeiten abrufen können. Es mag manchmal schwer sein, es zu zeigen, aber wir haben das Potenzial dazu.
Lasst uns dieses Wissen und diese Erkenntnisse in unsere Herzen tragen, sie können uns ruhiger machen und das ist das wahre Geschenk, das ich aus Nürnberg mit nach Hause nehme.
In Verbundenheit,
eure Stefanie Radtke