Als Gina Lollobrigida starb, fand ich im Netz ein Foto aus dem Jahr 1954, das sie mit einem Esel zeigt. Der Fotograf hatte es am Rande der Dreharbeiten zum Film "Pane, Amore e Gelosia" ("Liebe, Brot und Eifersucht") aufgenommen, in Castel San Pietro Romano bei Rom. Ich postete das Bild in meiner Story. Denn Esel sind meine Lieblingstiere. Und endlich, endlich gibt es jetzt auch ein Esel-Emoji.
Für die, die (bislang) nicht überzeugt waren von diesem wunderbaren, verkannten und unterschätzten Wesen, und weil Weihnachten erst am 2. Februar vorbei ist, am Tag von Mariä Lichtmess, schreibe ich noch rasch eine Lobeshymne auf das Tier, das in keiner Krippe fehlt. Zwar kommt er in den biblischen Weihnachtsgeschichten nicht vor. Doch einer wusste, dass der Esel "die Krippe seines Herrn" kennt. Es war Jesaja. (Jes 1,3) Der war eben ein wahrer Prophet.
Die Bedeutung des Tieres kommt nicht von ungefähr. Im Alten Testament ist oft vom Esel die Rede. Ein Esel begleitete Mose auf seinem Weg nach Ägypten, nachdem Gott sich ihm offenbart hat: Ich bin, der ich bin. So sollst du zu den Israeliten sagen: Der Ich-bin hat mich zu euch gesandt. König David ritt auf einem Esel. Und Debora lobpries: Ihr, die ihr auf weißen Eselinnen reitet, die ihr auf Teppichen sitzt, die ihr auf der Straße dahinzieht, singt! (Richter 5,10)
Nun könnte man natürlich einwenden, dass Esel Last- und Reittiere ihrer Zeit waren und sie deshalb so oft vorkommen. Doch weit gefehlt. Welchen Stellenwert der Esel hat, zeigt sich schon in den zehn Geboten. Im zehnten Gebot wird er eigens erwähnt: Du sollst nicht die Frau deines Nächsten begehren, nicht (…) sein Rind oder seinen Esel oder irgendetwas, das deinem Nächsten gehört. (2. Mose 20,17) Selbst die Esel der Gegner müssen geschützt werden: Wenn du siehst, wie der Esel deines Feindes unter seiner Last zusammenbricht, dann lass ihn nicht im Stich, sondern leiste ihm Hilfe! (2. Mose 23,5) Der Sabbat gilt als Ruhetag ausdrücklich auch für Esel. (2. Mose 23,12) Der schönste Beleg für die Klugheit der Tiere aber ist die Geschichte von Bileam und seiner Eselin. Bileam sollte das Volk Israel verfluchen, weil der König der Moabiter die verhassten Israeliten vernichten wollte. Um Bileams unheilvolle Mission zu stoppen, stellte sich ihnen der Engel Gottes in den Weg. Die Eselin sah ihn, Bileam nicht. Bileam zwang die Eselin mit Schlägen zurück auf den Weg. Die Eselin blieb stur. Dreimal kam der Engel ihnen in die Quere. Dreimal wich die Eselin aus. Erst da erkannte auch Bileam den Engel. (4. Mose 22) Er, der große Seher. Tatsächlich war die Eselin die Seherin.
So sind Esel. Sie gelten zwar als störrisch. In Wahrheit aber sind sie unbeirrbar. Sie fliehen nicht, sondern harren aus. Verlässlich und belastbar. Esel müssen sich nicht aufspielen, sie haben es nicht nötig, mit den Hufen zu scharren, um erwähnt und gepriesen zu werden. Sie sind sie selbst. Geduldig und standhaft, friedliebend und loyal.
Der Esel war immer da. Auch und gerade im Neuen Testament, im Leben Jesu: Für die schwangere Maria. Für Jesus als Kind auf dem Weg nach Ägypten. Für den Erlöser in den Tagen vor seinem Kreuzestod. Und an der Krippe. Er war da, um Jesus anzuschauen. Der Esel erkannte ihn, den Heiland.
Kein Wunder, dass Jesus dem Esel zum Dank sein Siegeszeichen schenkte, das Zeichen des Kreuzes, das wichtigste Symbol der Christenheit. Wer genau hinsieht, erkennt es auf dem Rücken des Tieres. Der sieht sie, die beiden schwarzen Striche. Den einen, der sich über den ganzen Rücken zieht, von vorne nach hinten, und den anderen, der quer dazu liegt, im Schulterbereich, von einer Seite zur anderen. – Mag sein, dass die Geschichte Volksglaube ist. Ich bin mir sicher, sie stimmt.
Es war also höchste Zeit für ein Esel-Emoji. – Nur für iPhone-Besitzer sieht es düster aus. Ihr Handy hat kein Esel-Emoji. Und wenn man es ihnen schickt, sehen sie: ein Fragezeichen. Apple hält offenbar nichts von diesem Wunderwesen …