bevor Sie den folgenden Spiritustext lesen, wäre es ratsam, auch TEIL I zu kennen, ganz nach dem Motto: „Was bisher geschah…“
… und, konnte mir die Kirche im Krankenhaus eine Stütze sein?
Würde ich es anhand der Besuche der Krankenhausseelsorger*innen (nämlich gar keine) ausmachen, müsste ich sagen: NEIN! Zugegeben, ich war zwar auch nur drei Näche im Krankenhaus, aber habe ich doch bei der Aufnahme brav angegeben, evangelisch zu sein. Ich dachte, der Rest wird so seinen Gang gehen: Wie bei Oma Müller, die evangelisch ist, in Eime wohnt und darum eben automatisch mein Gemeindemitglied ist. Doch so scheint es nicht zu sein, ich hätte wohl jemanden explizit anfordern, bzw. kränker sein oder vielleicht auch länger liegen müssen, um automatisch geistlichen Beistand zu bekommen. Sie hätten mich ja bei der Aufnahme auch direkt fragen können, ob ich Besuch wünsche?! Also das System, wie es eigentlich laufen sollte, blieb mit jedenfalls verborgen.
Obwohl ich das quasi als Komplettausfall bezeichnen muss, kann ich die Frage: „konnte mir die Kirche eine Stütze sein?“ nicht verneinen: Immer wieder, ganz automatisch und zunächst ohne es durchdacht zu haben, verglich ich das Krankenhaus mit einer Kirchengemeinde, beide eingebettet in eine größere Institution (Landeskirche bzw. Gesundheitswesen). Was soll ich sagen, der Punkt geht definitiv an Kirche. Diese Krankenhauserfahrung (und Gott bin ich froh, dass es am Ende alles relativ harmlos war) wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Ich bin so naiv an die Sache rangegangen, es ereignete sich quasi der „Aschenputtel-Effekt“: Man kennt ganz viele Geschichten über böse Stiefmütter, ist sprachlos über ihre Grausamkeit aber glaubt nicht, dass das auch außerhalb von Märchen so auftritt. Ich möchte das an einem Beispiel erklären: Selbstverständlich weiß ich, dass Krankenhäuser keine Hotels sind und die Krankenhaus-Kulinarik auch nicht mit einem Restaurantbesuch vergleichbar wäre. Aber dass das Abendbrot wirklich aus Graubrot mit ner Scheibe Käse und so einer schrecklich aussehenden Wurst (ich glaube, man nennt es Bierschinken und ich schäme mich beim Schreiben gerade dass ich den Namen kenne) und einer ganzen Tomate im Stück besteht, hätte ich eben heutzutage nur noch in einem Film erwartet. Vielleicht als Requisite, in einer Kriegsdokumentation, um eine Lazarettsituation zu verdeutlichen, aber im realen Leben - das erschien mir nett ausgedrückt - anachronistisch!
Doch will ich hier nicht den Eindruck von verzogenem Kind erwecken. Mir ist durchaus bewusst, dass es sicherlich nicht die Priorität eines Krankenhauses ist, kulinarisch als Gourmet ausgezeichnet zu werden, sondern eher andere Maßstäbe für sich ansetzt. Doch auch hier haben sie mich sprachlos entlassen. Ich will das alles gar nicht aufzählen, weil es darum hier nicht gehen soll, aber wie kann ich anders meine Fassungslosigkeit und Ernüchterung ausdrücken. Ich wusste bei der Entlassung nicht, ob ich selbstauflösende Fäden habe oder die gezogen werden müssen und bis zur Entlassung hatte sich kein*e Ärzt*in meine Operationswunde angeguckt, den Entlassungsbrief fand ich am dritten Morgen nach dem Aufwachen auf meinem Nachttisch. Ich wünschte mir dieser Tage mit meinen 37 Jahren echt meine Mama, so hilflos kam ich mir vor. Ich bin niemand, der nicht pöbelt, sich nicht durchsetzen kann oder ihr Anliegen nicht ausspricht, aber da war ja einfach niemand.
Na gut niemand stimmt nicht, neben mir lag eine Frau, die wohl frisch am Kopf operiert wurde und permanent schrie, dass sie Schmerzen hat und sich alles anfühlt, als fuhren Motorräder durch unser Zimmer, aber auch da kam niemand, von 12:00 Uhr Mittags bis zum nächsten Tag zu meiner Entlassung. Ich könnte noch Stunden weiter erzählen, aber ich will zum Schluss kommen.
Halten Sie mich für eine verwöhnte Göre, aber aus tiefsten Herzen kann ich sagen, das deutsche Krankenhaussystem ist kaputt (gespart) und leidet extrem an Fachkräftemangel. Umso schlimmer für jene, die noch da sind und versuchen, gute Arbeit zu leisten, die gibt es nämlich auch.
Die ganze Erfahrung hat mir als Negativfolie jedenfalls die Institution Kirche näher gebracht, so schlecht steht es um uns noch nicht. Noch komme ich zu den Menschen, zumindest wenn sie mich rufen.