Systemsprenger
Über Verrücktes, Gott und das Wunder von Pfingsten

Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des HERRN kommt, der große und schreckliche Tag. (Joel 3,4) - So kündigt der Prophet Joel Pfingsten an, die Ausgießung des Heiligen Geistes.

Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle zusammen am selben Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. (Apg 2,1-3) - So beschreibt die Apostelgeschichte Pfingsten selbst, das Wunder von Pfingsten.

Das ist der große und schreckliche Tag: Blut statt Mond, Finsternis statt Sonne. Sturm und Feuer.

Verrückt. Die Bibel halt.

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Es gibt einen Kunstpreis, den kaum einer kennt, den "Europäischen Kunstpreis für Malerei und Grafik im Kontext von geistiger Behinderung". Seit 21 Jahren wird der euward verliehen. Doch jetzt erst zeigt ein Museum die Werke von Preisträgern in einer normalen Ausstellung; es ist das Münchner Haus der Kunst.

Einer, Andreas Maus aus Pulheim, zeichnet unablässig kleine Bilder mit winzigen Kugelschreiberstrichen in ein Heft, Bilder von menschlichen Abgründen. "Das künstlerische Arbeiten hilft, mich aus dem Teufelskreis der inneren Wut zu befreien", sagt er. Andreas Maus zeichnet vor allem Opfer von Krieg und Gewalt, NS-Folterinstrumente und immer wieder Anne Frank. Erst als Kind im ersten Schuljahr mit Tagebuch und hinter ihr eine Synagoge; dann als junges Mädchen, auf dem Weg ins Konzentrationslager. Da ist Anne Frank nackt. Warum? "Weil den Juden während der Nazizeit alles weggenommen wurde", sagt er.

Ein anderer, der Schweizer Künstler Felix Brenner, malt monumentale Bilder, ein "wirgen und wergen", wie er sagt. Sehr viele Selbstportraits sind dabei, eine ganze Wand ist voll davon. Mal stellt er sich als Gründer seiner Partei "Der blaue Planet" dar, mal als Schamanen und einmal als Papst. "Ich wäre ein guter Papst geworden", sagt er. Auf die Frage, was er als Papst anders gemacht hätte, antwortet er: "Ich hätte LSD-Prozessionen gemacht, damit du ganz nah an dem Göttlichen bist." Dabei schaut Felix Brenner, der gerne lacht, ganz ernst.

Verrückt. Geistig Behinderte halt.

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Freiheiten, unzensiert und ungefiltert. Bilder, die beunruhigen und verunsichern. Von Menschen außerhalb der Norm. Von Menschen, die Grenzen sprengen und Systeme. Die krank im Kopf sind und an der Seele.

Erwachsene, die faszinieren und irritieren, die verstören und stören mit ihrer Angst und Wut. Mit ihrem Schmerz. Kinder, die so sind, gibt es auch.

Kinder, die sagen "Ich hasse dich" und meinen "Ich brauche dich". Kinder, die wie Benni im Film "Systemsprenger" nach ihrer Mutter rufen, zehn, fünfzehnmal ins Echo des Waldes hinein: Mama, Mama, Mama, MamaMamaMama … bis ihre Stimmt bricht. Doch die Schreie verhallen und keine Antwort kommt. "Mama hasst mich", sagt Benni. Und als ihr Betreuer anhebt zu sagen, "Nein, sie …", unterbricht sie ihn. "Sei leise."

Benni wird eingesperrt, wird mit Gurten im Bett fixiert und mit Medikamenten ruhiggestellt, weil sie sich wehrt und um sich schlägt und sich selbst verletzt, bis das Blut ihre Stirn herunterfließt, in ihre Augen. Auf ihrem Schlafanzug ist eine Eule. Die ist auf einem Auge blind.

Benni ist nicht das einzige Kind, das so ist.

Verrückt. Systemsprenger halt.

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Blut und Finsternis und Sturm. Mit Feuerzungen kam der Heilige Geist auf die Jünger herab. Ihr Gott ist einer, der die Systeme der Menschen sprengt, ihre Mächte und Gewalten. Einer, der die Fesseln löst, der die Grenzen niederreißt und Freiheit bringt. Er ist der Gott, der keinen einsperrt und niemanden zensiert. Der wegnimmt, was behindert.

Es ist der Gott, der Pfingsten bringt.

Ich werde Wunder erscheinen lassen droben am Himmel und Zeichen unten auf der Erde: Blut und Feuer und qualmenden Rauch. Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, der große und herrliche Tag. Und es wird geschehen: Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden. (Apg 2,19-21)

Das ist der große und herrliche Tag: Gott, der wahre Systemsprenger, rettet.