Schriftlich streiten?
Wer sich schriftlich streitet, verschanzt sich hinter Buchstaben. Das endet in der Regel unchristlich.

Seit es Mails und Messenger aller Art gibt,  kann man Leute mitlesen lassen,  einfacher kopieren und sich billig an viele auf einmal wenden. Eine Mail macht keinen Lärm, und man kann in Ruhe antworten.
Gleichzeitig häufen sich unselige Streitereien auf diesem Kanal.  Wenn sich jemand schriftlich im Ton vergreift,  dann steht es halt gedruckt da. Z.B. "Ich fand deine Bemerkung letzten Samstag übrigens nervig." Die Empfängerin liest einmal,  zweimal,  öfter,  und in ihr wächst der Ärger. Sie weiß nicht mal,  welche Bemerkung gemeint ist. Sie mailt zurück. Sie sei sich keiner Schuld bewusst.  Kriegt eine Abwesenheits-Meldung. In zwei Wochen gehe es wieder. Nun sitzt sie auf ihrem Ärger. Tags drauf schreibt sie voller Wut an den Abwesenden. Sie verschanzt sich am Laptop,  legt einen Schützengraben an. Was er sich einbilde. Und ob das eine neue Masche sei in Andeutungen zu reden. Diese Mail wird vielleicht der Sargnagel für die Freundschaft.
Sie wird in zwei Wochen erfahren, dass der Satz des Anstoßes  über eine Copy-und-Paste -Funktion falsch in diese Mail reingeraten ist. Zu schnell abgeschickt. Sie war gar nicht gemeint.

So angenehm das elektrische Medium für Dokumente und gemeinsames Planen ist,  so ungeeignet scheint es mir zum Streiten. Man liest und liest,  im Inneren bilden sich Gewitterwolken.  Man setzt sich  hin,  formuliert  schusssichere Antworten und feuert vor allem zurück. Höre ich eine Stimme am Telefon,  kann ich sofort den Tonfall ahnen: ist es ein Scherz oder Ernst? Ich kann zurückfragen,  den Kurs variieren. Eine Mail kann das nicht leisten,  gebärdet sich aber fast wie früher ein Brief mit seiner geprägten und ultimativen Form.


Christen sind nicht nur Tastenmenschen. Sie haben die mündliche Anrede gelernt, ihr Gehör ist ausgebildet für Zwischentöne. Ihr Gott  spricht mit ihnen, er mailt nicht. Ihr Gebet singt, schreit, flüstert. Und wenn jemand sie angreift,  horchen sie auf den Unterton. Spielt Angst mit? Will jemand provozieren? Ist es witzig gemeint? All das geht aber nur live,  das heißt  mindestens per Telefon. Die elektrische Form ist kalt. Sie nimmt die Wärme oder den Schalk aus dem Text. Ich kann nur zeitlich versetzt zurückfragen. So können sich wilde Fantasien aufbauen, die ein Gespräch sofort entschärfen würde.
Ich rufe also an, wenn es elektrisch anfängt zu stinken. Das spart Zeit, es würdigt mein Gegenüber, weil ich seine ganze Person  meine und nicht nur verrutschten Text. Denn 75% einer Botschaft liegt im Stimmklang und in der Redeweise.
"Adam,  wo bist du?" ruft Gott. "Hier bin ich!" sagt Adam. So werden beide selig.