Einige spekulieren ja, dass wir nach C eine „andere“ Welt vorfinden werden, andere glauben, wir werden ganz schnell zur Normalität zurückkehren und alles ist wie vorher. Aber egal wie die ganze Sache ausgeht, wir werden danach, in dieser Welt ein Zeugnis davon ablegen, was dieses C eigentlich mit uns gemacht hat. Wir werden die sein, die späteren Generationen die Pandemie zugänglich machen. Wir zeugen von einer Vergangenheit, die wir uns nicht zurückwünschen, die aber wahrscheinlich Einzug in die Geschichtsbücher findet. Wir werden die Lust an der Vergangenheit mit einem persönlichen Bericht befriedigen dürfen.
Und was wird wohl Teil dieses Zeugnisses sein? Wir werden vielleicht einmal unseren Kindern den Handschlag erklären müssen. Was das war, und warum man in unserem Teil dieser Welt etwas so Merkwürdiges zur Begrüßung machte. Vielleicht haben wir dann noch Stories von schlaffen Händedrückern und solchen Greifern, die Eheringe beim Ritual fast zerbrechen ließen. Wir können dann erinnerungsselig berichten, wie alle Kinder lernen mussten, dass es unhöflich ist, nicht die Hand zu geben. Vielleicht sitzen dann die Kinder der Zukunft mit großen Augen da und glauben, dass wir ihnen einen Bären aufbinden wollen.
Ganz gewiss lernen erstmal die nächsten Konfirmand*innen das Abendmahl nur theoretisch oder digital, ohne es selber einzunehmen. Denn das Abendmahl ist nicht für Notzeiten gemacht, sondern für die Zeiten, in denen alles wieder gut ist. Wir werden Ihnen dann von Zeiten erzählen, wo wir alle aus einem Kelch getrunken haben, sie werden uns für verrückt erklären und sich schütteln. Und sie werden die Kirche noch mittelalterlicher finden.
Vielleicht ist C auch der Grund, dass Frauen künftig alleine gebären, ohne eine Begleitperson. Und in irgendeinem Lehrbuch ist dann ein altes Foto zu sehen, wie jemand die Nabelschnur seines Kindes durchtrennt. Darüber wird in medizinischen Vorlesungen gelacht, weil kein lebender Mensch mehr vom Durchtrennen der Nabelschnur berichten kann. Und wenn das doch jemand macht, klingt das nicht wie eine normale Geburt. Dann klingt es nach Spinnereien von Menschen, die es nicht rechtzeitig ins Krankenhaus geschafft haben und dazu gezwungen waren.
Wir werden die sein, durch deren Erzählungen die Vergangenheit lebendig bleibt, echte Zeitzeug*innen eben. Und ich weiß nicht, was wir bezeugen werden. Doch die Frage, die heute Zeitzeug*innen gestellt wird, wird wohl dann auch gestellt: Warum?