Ich mag die Fastenzeit. Diese geschenkte Zeit des Stillwerdens und Innehaltens. Und das Aschekreuz, mit der sie beginnt, dieses sichtbare Zeichen der Umkehr. Aber manchmal wird’s mir auch zu viel. Denn es geht ja nicht nur ums Fasten. Sondern um die Vorbereitung auf die Karwoche. Die Zeit des Leidens und Sterbens. Um den Tod.
Und ich denke an Berlin.
Und Wut packt mich. Weil ich die Welt nicht versteh, weil‘s mir nicht partout in den Sinn will, was passiert ist und ich so viel Kraft brauch für die anderen …
Ich geh in die Kirche.
Und schaue auf das Kreuz.
Eigentlich mag ich keine Kruzifixe. Dieser geschundene Leib, die Dornenkrone, das Blut, die Qual. Warum zeigen die Kirchen nicht den Auferstandenen? Darum geht es doch in unserem Glauben: um die Überwindung des Todes, ums Leben!
Ich blicke zu Jesus hoch.
Und sehe seine Wunde.
Den Stich.
In der rechten Seite.
Und denk an den anderen Stich.
Die andere Wunde.
Die war auch rechts. Bloß ein bisschen höher.
Und ich höre die Worte des Priesters, und ich spreche sie innerlich mit, heimlich natürlich, wie immer: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Deshalb bitten wir: Herr Jesus Christus, schau nicht auf unsere Sünden, unsere Schuld, sondern auf schau auf unseren Glauben, auf den Glauben deiner Kirche.“
Und auf einmal wird mein Zorn schwach.
Und meine Wut verraucht.
Und Frieden kehrt ein in meinem Herzen.
Steckt das hinter dem Satz, dass er für uns gestorben ist, dass wir "durch seine Wunden" geheilt sind, wie es bei Jesaja heißt? Kann eine Wunde eine andere heilen? Wie soll das gehen? Wie ist das möglich?
Da sieht Jesus mich an - gütig; freundlich irgendwie. Und ich höre seine Worte: „Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich.“
Er schmunzelt.
Dass der Satz zur Lesung des Tages gehörte, fällt mir erst später auf. Als ich wieder zu Hause bin. Und auf meine Kirche blicke. Auf die beiden Kreuze darauf.
Eins für ihn. Und eins für mich.
Für uns.