Von Zeit zu Zeit die Welt beobachten.
Und Serien auf Netflix schauen. Jetzt, wo es wieder so heiß wird, dass man sowieso nicht viel mehr tun kann als das.
Zum Beispiel: Queer Eye.
5 schwule Männer (die „Fab 5“) reisen in die amerikanische Provinz, um dort welche zu beraten und umzustylen, deren Freund*innen das für nötig halten: weiße Farmer und schwarze Imbißbesitzerinnen, kriegstraumatisierte Veteranen, aufopferungsvolle Lehrerinnen mit Vokuhila-Frisuren und vereinsamte Nerds in viel zu großen Häusern. Sie kommen zu Trump-Wähler*innen, die noch nie länger mit einem Schwulen gesprochen haben, und zu Latinas an der Grenze zu Mexiko.
Die Fab 5 hören ganz viel zu, machen Komplimente („Wer hat dir erlaubt, so hübsch zu sein!? Schau dich nur an!“), sagen, dass es nicht schwach, sondern stark ist, Hilfe anzunehmen - und dann legen sie los: Sie bauen Tische, zeigen, wie man Nudeln kocht, schneiden Haare und Bärte, tauschen Flanellhemden gegen Shirts, die sie vorne in die Hose stecken („French Tuck“) und gehen mit ihren Schützlingen zum Whiskeytasting.
Nie geht es dabei um neoliberale Selbstoptimierung, immer aber darum, denen Gutes zu tun, die es brauchen. Ihre Wunden, ihre Schönheit und ihr Potential zu sehen.
Und ganz nebenbei lernt die Zuschauerin so einiges über Racial Profiling, Klassismus, afroamerikanische Kultur, die Bedeutung der Religion in den USA und über Diversity in der Queer-Community.
Denn die Fab 5 - das sind:
Karamo: ein Afroamerikaner, der in einer weißen Gegend aufwuchs. Er kennt sich doppelt aus damit, zu einer Minderheit zu gehören - als schwuler Schwarzer unter Weißen. Einmal spricht er länger mit einem texanischen Cop darüber, wie es sich für ihn anfühlt, bei einer Verkehrskontrolle angehalten zu werden - in einem Land, in dem immer wieder einmal unbewaffnete schwarze Männer von Polizisten erschossen werden.
Bobby: Er wuchs in einer Pfingstgemeinde auf, in der Homosexualität Sünde war und er zu einer Konversionstherapie gezwungen wurde. Bis heute hat er Schwierigkeiten, eine Kirche zu betreten.
Antoni: Sohn polnischer Einwander*innen, der Vater Arzt, die Mutter stark, aber kühl. Nur beim Essen saß die Familie zusammen.
Tan: aufgewachsen in Großbritannien als Sohn gläubiger muslimischer Pakistani. Manche aus seiner Familie erfuhren erst durch die Serie von seiner Homosexualität, weil er nicht den Mut hatte, es ihnen persönlich zu sagen.
Und schließlich Jonathan: er trägt High Heels, will sich keinem Geschlecht zuordnen, hat Haare und Bart wie Jesus auf Gemälden des 19. Jahrhunderts, ist ungeheuer überschwänglich und erwähnt immer wieder seine Therapeutin, ohne die er seine Erfahrungen mit Mobbing und Immer-anders-Sein nicht hätte verarbeiten können.
Die Fab 5 zeigen Folge für Folge - zusammen mit denen, die sie beraten - ein anderes Amerika: eines, in dem es um Liebe geht, um Akzeptanz, Empathie und Rücksicht. Es geht in Queer Eye darum, dass ganz unterschiedliche Menschen über alle politischen, ethnischen, religiösen und Gender-Grenzen hinweg einander beistehen können, wenn sie sich öffnen und es wagen, ehrlich zu sein. Um Solidarität geht es, um Verletzlichkeit und um Heilung. Also ungefähr um das, worum es auch denen geht, die Jesus nachfolgen. Nach spätestens 10 Minuten weint man, weil man merkt: So könnte es sein. In einer solchen Welt wollte man selbst leben (seidiges Haar und French Tuck inbegriffen).
Wochenaufgabe also:
Schaue wenn möglich Queer Eye. (Achtung! Halte Taschentücher bereit!)
Vor allem aber frage dich: Woher kommt mir Hilfe?
Entdecke in denen, die dir helfen, den Der-Himmel-und-Erde-gemacht-hat.
Vielleicht trägt er diese Woche High Heels.