Fitnessraum und Pool verlocken, ein grandioses Buffetfrühstück aber nicht minder. Und der erste Landausflug steht an, als wir gegen 8 Uhr unter der Öresundbrücke Malmö ansteuern. Mit freundlichem Organisationsgeschick werden wir auf Busse verteilt. Die einen fahren zum Stadtrundgang in Lund, wo 1947 der Lutherische Weltbund gegründet wurde. Wir haben uns für Kopenhagen entschieden - Ella: "selbstverständlich!" - und überqueren nun die Öresundbrücke, die Schweden mit Dänemark verbindet. Unser Reiseleiter, Dr. Herbert Fendrich, Kunstbeauftragter im Bistum Essen, gibt erste Hinweise: Eine Reformation von oben sei es in Dänemark gewesen; am Ende des 16. Jahrhunderts habe kein katholischer Priester mehr dänischen Boden betreten dürfen. Fast 90 Prozent der etwa 5,5 Millionen Dänen heute seien Mitglieder der Staatskirche gegenüber etwa 32.000 Katholiken. Die hinzu gestiegene local guide Karin ergänzt: Im Schnitt besitzt jede dänische Staatsbürgerin und jeder dänischen Staatsbürger zwei Fahrräder.
Erster Ausstieg Amalienborg: Wir reihen uns ein in eine große internationale Gemeinschaft von Stadttouristen. Ob die auch alle auf den Spuren der Reformation sind? Hier finden wir sie jedenfalls noch nicht so recht, sind erstaunt über die Baustelle der Königin-Unterkunft. Zweiter Ausstieg: Fündig werden wir in der gotischen Kirche Sankt Petri, in der Liebfrauenkirche (Kopenhagens Dom) und beim dort gegenüber stehenden Reformationsdenkmal.
Die Kirche Sankt Petri beherbergt die deutsche Gemeinde. Im Dom beeindrucken uns die Christusfigur von Thorvaldsen und ein Programmbild der Reformation: Auf ihm sind eine Vielzahl europäischer Wegbereiter zu sehen: Martin Bucer, Johannes Hus, Philipp Melanchthon, Hieronymus von Prag, Martin Luther, Johannes Calvin, Theodor von Beza, John Wiclif, Heinrich Bullinger, Petrus Martyr Vermigli, John Knox, Huldrych Zwingli, Hieronymus Zanchi, William Perkins, Matthias Flacius und Johannes Oekolampad. Im Vordergrund versuchen ein Kardinal, ein Teufel, ein Mönch und der Papst, das Licht des Evangeliums auszupusten - zugegebenermaßen nicht gerade ökumenefreundlich... Lehrreich sind auch die vier Seiten des gegenüber liegenden Reformationsdenkmals mit den bedeutsamen Themen von Taufe, Abendmahl in beiderlei Gestalt, Gemeindegesang und ihrem wichtigsten dänischen Vertreter Hans Tausen (1494-1561).
Ein drittes Mal steigen wir kurz bei der unvermeidlichen kleinen Meerjungfrau aus, die wir kirchengeschichtlich nicht so recht einordnen können (aber hübsch ist sie!). Margot Käßmann berichtet in einem spontanen Kurzreferat auf der Rückfahrt von der zweimaligen Konversion Königs Christian II. (1481-1559), der in Wittenberg bei Cranach wohnte und sich dort das Abendmahl in beiderlei Gestalt reichen ließ.
Wenige Stunden später ein ökumenischer Eröffnungsgottesdienst mit der Reformationsbotschafterin und Monsignore Wahl: Er übernimmt weite Teile der Liturgie, sie predigt über Galater 5, 1 ("Zur Freiheit hat uns Christus befreit") und Luthers durchs Bibelstudium gewonnene Erkenntnisse. Die Liederbücher reichen nicht. Als ich mich etwas hilflos umsehe, bekomme ich zu hören: Diese fünf Strophen von "Lobe den Herren" könne man wohl noch auswendig ... eine text- und wie sich herausstellt auch tonsichere Bordgemeinde also. Bei der vierten Strophe muss ich passen - das festliche mehrgängige Kapitänsmenü wird mich später mehr als entschädigen :-)