Matthias Albrecht
Andacht zu Genesis 21,6
Gott ließ mich lachen
Sara lacht. Erst ungläubig, dann voller Staunen über Gottes Verheißung und dessen Erfüllung. Aus beidem können wir für unser eigenes Leben lernen. Eine Andacht zum Monatsspruch für den Februar 2023.

Lachen Sie gern? Ich tue es. Wer mich kennt, der weiß, mein von Herzen kommendes Lachen ist ein Wesensmerkmal von mir. Ich finde, Lachen gehört zu den schönsten Gaben, die uns unser Gott geschenkt hat. Doch auch mir ist nicht immer zum Lachen zumute. Wenn ich dieser Tage die Nachrichten anschaue, sehe ich den nicht enden wollenden Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Bedrohungen unserer Zivilisation durch den Klimawandel oder schwerste Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan. Da bleibt mir das Lachen im wahrsten Sinne des Wortes im Halse stecken. Aber nicht nur das große Weltgeschehen kann unser Lachen verstummen lassen. Persönliches Unglück, das wir durch Diskriminierung, den Verlust eines geliebten Menschen oder etwa unerfüllte Sehnsüchte erleben hat ebenfalls das Potential, uns das Lachen zu nehmen. Manchmal lachen wir trotzdem. Entweder zynisch, desillusioniert, hoffnungslos oder aber, weil wir eine so große Freude in unserem Herzen tragen, dass die Dunkelheiten dieser Welt sie nicht auszulöschen vermögen.

Eine unerfüllte Sehnsucht trieb auch Sara, die Frau Abrahams, umher. Der Wunsch eigene Kinder zu gebären war für sie nicht in Erfüllung gegangen. Als Gott ihr, nachdem sie bereits 90 Jahre alt war, verkündet, dass sie doch noch Nachkommen haben und sogar zur Mutter eines großen Volkes werden solle, da lacht Sara (Genesis 18,9-12). An der Stelle der biblischen Überlieferung, die der Monatsspruch für den Februar 2023 ist, lacht Sara erneut. Der Vers erzählt davon, wie Gott seine Verheißung wahrgemacht und sie ihren Sohn Isaak geboren hat. So steht geschrieben: "Sara aber sagte: Gott ließ mich lachen" (Genesis 21,6).

Sara lacht. Zweimal. Beide Male aus unterschiedlichen Emotionen heraus. Beim ersten Mal ist es ein ungläubiges Lachen. Sie kann sich nicht vorstellen, dass sie mit ihren 90 Jahren noch ein Kind gebären wird. Beim zweiten Mal dann ein frohes, ja staunendes Lachen. Ihr ersehnter Sohn ist da. Beides, das ungläubige und das staunende Lachen repräsentieren Anteile, die ich auch aus meiner persönlichen Gottesbeziehung kenne.

Gott ist allmächtig, er ist der Schöpfer des Himmels und der Erden, er ist derjenige, der den Tod überwunden hat, so formulieren wir es immer wieder mit den Worten des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Aber wie schnell tritt der Glaube an die Allmacht Gottes, den wir da am Sonntag bekennen, hinter den Kleinglauben zurück, der uns viel zu oft durch den Rest der Woche begleitet? Ich muss 15 gewesen sein, als ich das erste Mal eine große kirchliche Hochzeit miterlebt habe. Das Bild wie Braut und Bräutigam durch die festlich geschmückte Kirche einziehen, während sich Freund:innen und Bekannte ergriffen von den Bänken erheben, habe ich bis heute vor Augen. Dass ich selbst einmal eine kirchliche Trauung mit einem Partner des gleichen Geschlechts feiern würde, erschien mir in diesem Moment höchst unrealistisch. Der partnerschaftlichen Liebe zweier Männer wollte die evangelische Landeskirche damals keinen Platz am Traualtar gewähren. Hätte Gott mir zu jener Zeit verheißen, dass das was ich für unmöglich hielt, einmal eintreffen würde, wäre mir vielleicht auch ein ungläubiges Lachen über die Lippen gekommen, ganz so wie der neunzigjährigen Sara, der auf ihre alten Tage ein Nachkomme versprochen wurde. Die Umstände, in denen wir leben, die Begrenzungen, die uns andere, aber auch wir selbst auferlegen, fühlen sich oft so bedrückend, so endgültig, so absolut an, dass sie uns den Blick auf das Heil, das unser Gott für uns bereithält, verstellen. Doch so verständlich das auch ist, es ist nicht die Perspektive, aus der heraus wir als Kinder Gottes auf unser Leben schauen sollten. "Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein?" (Genesis 18,14) kommentiert Gott Saras ungläubiges Lachen. Diese Worte sind eine Mahnung, eine wohlgemeinte. Denn da, wo wir anerkennen, dass für Gott nichts unmöglich ist, werden wir frei. Trotzdem, der innere Widerstreit von Glaube und Zweifel begleitet uns als Menschen ein Leben lang. Je frömmer wir uns selbst gern sehen wollen, desto schwerer kann es uns fallen, das anzuerkennen. Auch Sara versucht ihr ungläubiges Lachen vor Gott zu verleugnen. Ohne Erfolg (Genesis 18,13-15). Was uns stattdessen wirklich helfen kann, den inneren Zweifel zurückzuweisen, ist unseren Blick auszurichten auf die Wunder, die Gott tut. Das bringt mich zur zweiten Art des Lachens, dem staunenden Lachen.

Ein unerfüllter Kinderwunsch ist nicht nur eine Sehnsucht, die Sara umhergetrieben hat. Oft ist es so, dass die Erkenntnis, gleichgeschlechtlich zu lieben für viele Menschen damit einhergeht, den Wunsch eine Familie mit Kindern haben zu wollen, als bedroht zu empfinden oder ihn gar aufzugeben. Das kam in der Vergangenheit in unserem Land sicher noch häufiger vor als heute, aber auch aktuell ist eine solche Familiengründung meist alles andere als einfach. Wenn ich dann bei Freund:innen oder auf Tagungen zu Gast bin und sehe, wie viele Paare gleichen Geschlechts mittlerweile Eltern geworden sind, dann staune ich über Gottes Größe. Dann umspielt ein Lächeln meine Lippen. Bei den Geschichten, die die Eltern darüber berichten, auf welchen Wegen Gott ihnen den Nachwuchs geschenkt hat, da lachen wir häufig gemeinsam. Nicht unbedingt deshalb, weil die Berichte immer so lustig sind, zuweilen ist das Gegenteil der Fall, es ist vielmehr ein staunendes Lachen über das, was unser Schöpfer in seiner Allmacht zu tun vermag. So ähnlich muss es wohl auch Sara gegangen seien als sie ihren kleinen Isaak in den Händen hielt. Die Bedeutung des Namens Isaak wird übrigens unter anderem so ausgelegt, dass der Name für "Gott hat (jemanden) zum Lachen gebracht" steht. In dem Lachen über die Wunder, die Gott tut, den kleinen und den großen, dürfen wir spüren, wie es ist ein Kind Gottes zu sein. Ganz unverstellt, voller Vertrauen und aus tiefstem Glauben können wir uns über das freuen, was uns der Schöpfer aus reiner Gnade schenkt. Das staunende Lachen über Gottes Allmacht ist dem ungläubigen Lachen überlegen, denn das staunende Lachen ist erhaben über die Unwägbarkeiten, die uns so oft bedrücken. Es stellt sich gegen sie. Es drängt sie zurück. Das staunende Lachen ist schon jetzt ein Stück Himmel auf Erden, ein süßer Vorgeschmack auf Gottes Herrlichkeit.

Ein letzter Gedanke: Kennen Sie den leicht unsicheren Blick eines Babys, wenn die Eltern spielerisch ihre Hände vors Gesicht halten und das kleine Kind Mutter oder Vater in der Folge nicht mehr sehen kann? Kennen Sie auch das freudige Lachen, das die Kleinen machen, wenn die Eltern die Hände dann herunter nehmen und ihr Gesicht wieder zum Vorschein kommt? Meine Hoffnung ist, dass es uns allen eines Tages auch so gehen wird, wenn unsere Zeit auf dieser Erde zu Ende ist und wir als Kinder unserem himmlischen Vater ins Angesicht blicken.

AMEN.