"Queere Trauung - ist ja endlich nichts Besonderes mehr", denkt sich wer wie ich rund drei Jahrzehnte für die Gleichberechtigung queerer Menschen in der evangelischen Kirche gekämpft hat. In fast allen Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland sind seit einiger Zeit öffentliche Trauungen oder Segnungen eingetragener Lebenspartnerschaften bzw. gleichgeschlechtlicher Ehen möglich. Mancherorts variiert noch die Bezeichnung, mancherorts kann eine Pfarrerin oder ein Pfarrer sich aus Gewissensgründen verweigern, aber im Grunde genommen ist die "Trauung für alle" Realität (hier geht es zu einem Überblick über die Situation in den einzelnen Gliedkirchen).
Dass wir auf diese Situation nach wie vor stolz sein können, und wieviel sie kirchlich engagierten Paaren bedeutet, das wurde mir diesen Sommer deutlich, als mich eine Mail einer Mitarbeiterin im Landeskirchenamt der bayerischen Landeskirche erreichte. Mit deutlich spürbarer Begeisterung erzählte Sandra von dem Segnungsgottesdienst, der für sie und ihre Partnerin Cécile im Juni gefeiert wurde:
"Wir sind beide gläubige Christinnen und in unserer Kirchengemeinde hoch engagiert. Gottes Segen für unsere Beziehung zu empfangen, war uns daher sehr wichtig. Es war ein ganz besonderer, ein großartiger Gottesdienst, weil wir auch zwei so fantastische Pfarrer:innen hatten."
Neben Gemeindepfarrerin Ulrike Markert wirkte nämlich auch der ständige Vertreter des bayerischen Landesbischofs, Oberkirchenrat Stefan Reimers, in dem Gottesdienst mit, den das Paar schon viele Jahre kennt.
"Als wir Herrn Reimers gefragt haben", sagt Sandra, "hat er sofort und voller Freude zugestimmt, diesen Gottesdienst mit und für uns zu feiern. Er hat wirklich keine Sekunde gezögert." Auch die Idee, von diesem Gottesdienst auf kreuz & queer zu berichten, hat das Paar ausführlich mit ihm besprochen.
Cécile, selber als Katechetin in der Kirche tätig, empfand die Tatsache, dass der stellvertretende Landesbischof und Personalchef bei dem Gottesdienst mitgewirkt hat als eine "große Wertschätzung für uns als kirchliche Mitarbeiterinnen und als lesbisches Paar, wirklich ein Zeichen der großen Unterstützung für alle gleichgeschlechtlich l(i)ebenden Menschen in unserer Kirche".
Große Wertschätzung und Respekt erfahren Sandra und Cécile auch in ihrer Kirchengemeinde, in der sie im Kirchenvorstand und im Redaktionsteam des Gemeindebriefes engagiert sind: "Unsere gleichgeschlechtliche Beziehung ist in der Gemeinde wirklich kein 'Aufreger'. Wir sind nicht 'anders', wir sind gut eingebettet und jederzeit gleichgestellt."
Das Paar möchte diese positiven Erfahrungen weitergeben, denn Sandra und Cécile wollen anderen gleichgeschlechtlichen Paaren Mut machen, ihren Glauben zu leben, sich in ihre Gemeinden einzubringen und auch gemeinsam den Weg vor den Altar zu gehen. Ihre Botschaft, an alle, die noch zögern, ob sie sich kirchlich trauen oder segnen lassen sollen:
"TRAUT EUCH!!
Gottes Segen ist mit Euch.
Homosexualität, Glauben und Kirche kann sehr gut zusammen funktionieren.
Laßt Euch darauf ein."