Es ist eine grundlegende Veröffentlichung. Der Band stellt theoretische Grundlagen und didaktische Konzeptionen im Hinblick auf das Thema inklusive Religionspädagogik der Vielfalt vor. In dieser Tiefe ist das im deutschsprachigen Raum bisher noch nicht geschehen. Vor allem werden die zumeist getrennt geführten Diskurse über Religion, Geschlechtsidentität, sexuelle Vielfalt, sozialer Status und Dis/Ability zusammengeführt. Diese intersektionale Perspektive ist für den Band zentral.
Nach einer theoretischen Grundlegung werden von 27 namhaften Autor*innen zunächst Vielfaltskonzepte und deren Kernbegriffe aufgeführt. Es handelt sich um die Begriffe Inklusion, Differenz, Diversität, Pluralismus/Pluralität und Heterogenität. Danach werden bereits vorhandene Theologien der Vielfalt durchbuchstabiert. Konkret werden Ansätze der Dialogischen Theologie und der Queeren Theologie vorgestellt.
Anschließend wird Vielfalt als konzeptionelle Kategorie in religionspädagogischen Ansätzen nach 1945 aufgespürt und rekonstruiert.
Differenzdiskurse in der Religionspädagogik werden im nächsten Kapitel anhand der Themen Dis/Ability, Gender, sozioökonomische Dimension, sexuelle Vielfalt und religiöse Vielfalt konkretisiert. In diesem Kapitel fehlten mir persönlich Gedanken zu den Differenzdimensionen Herkunft und Hautfarbe. Nichts desto trotz geben die vorhandenen Themen Auskunft über die grundsätzliche Bedeutung von Differenzdimensionen für die Religionspädagogik. Dadurch kann die Diversität von Schüler*innen, Lehrer*innen und des familiären Umfelds angemesser in den Blick genommen und bewusster reflektiert werden.
Im abschließenden Kapitel werden Schlüsselthemen einer inklusiven Religionspädagogik der Vielfalt aufgezeigt und in konkreten religionspädagogischen Settings besprochen: Armut und Reichtum, Anerkennung, Gerechtigkeit, Scham und Schuld, Frieden, Körper, Heil und Heilung, Fremdheit, Zoomen als intersektionales Werkzeug und machtvolle Differenzierungen.
Das Buch ist von Fachleuten für Fachleute geschrieben. Gleichwohl erfrischt die konkrete kontextuelle Verortung der einzelnen Autor*innen und die praxisbezogene Fachkompetenz derselben. Man merkt dem Band an, dass sich die Autor*innen dem Thema in mehreren Konsultationsprozessen gemeinsam angenähert haben. Sie teilen schließlich die Einsicht, dass der Ansatz einer inklusiven Religionspädagogik der Vielfalt notwendig sei, um die Herausforderungen von pluralen Gesellschaften religionspädagogisch angemessen begleiten und kommentieren zu können. Weiterer Vorteil dieser kollegialen Vorgehensweise ist es, dass die verschiedenen Themen im Band nicht unverbunden nebeneinander stehen, sondern mal mehr mal weniger eng aufeinander bezogen sind.
Der intersektionale, also themenübergreifende Querblick auf die Materie ist der eigentliche Gewinn des Bands. Er zeigt innovative Denk- und Handlungsspielräume für zentrale religionspädagogische Diskurse auf.
Es ist den drei Herausgeber*innen Annebelle Pithan, Thorsten Knauth und Rainer Möller zu verdanken, dass die Fülle der konzeptionellen und didaktischen Überlegungen als Bausteine einer gemeinsamen Grundidee erkennbar bleiben. Sie heißt: Eine inklusive Religionspädagogik der Vielfalt ist relevant und notwendig. Mit Hilfe des Sammelbands kann sie nachvollzogen und verstanden werden. Das Buch lädt ein, in die Diskurse einzutauchen und sie mitzugestalten. Denn in dem Maß, wie sich die Lebenswelten der Menschen weiter ausdifferenzieren, muss dies auch eine inklusive Religionspädagogik der Vielfalt tun. Lesenswert!
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