Am vierten Sonntag nach dem ersten Wahlgang, am 22.05.16 also, ist es so weit: In Österreich wird es eine Stichwahl der zwei meistgewählten Kandidaten zur Bundespräsidentschaft geben. Durch den ersten Wahlgang am 24. April liegt Norbert Hofer von der rechtspopulistischen 'blauen' Partei FPÖ mit 35,1 % vorne und Alexander van der Bellen von den Grünen mit 21,3 % dahinter.
Die FPÖ, zu deren Hauptpfeilern "nationale Identität", nationale Grenzziehungen und eine Anti-Gender-Politik gehören, hat klare ablehnende Formulierungen gegenüber homosexuellen Menschen und Frauen in ihrem Parteiprogramm. Die FPÖ lehnt Gender Mainstreaming und Frauenquoten ab, weil die Parteimitglieder meinen, dass damit "Unrecht an einzelnen Menschen" geschehe.[1]
Familie konstituiert sich laut FPÖ-Programm ausschließlich durch Kinder und ausschließlich durch heterosexuelle partnerschaftliche Verbindungen. Familie im erweiterten Sinne, zu der Liebe, Freundschaft, Fürsorge, Pflege von Angehörigen und Freund_innen, unterschiedliche Arten von Obsorge für Kinder, gegenseitige Verantwortung usw. gehören, ist im blauen Programm nicht denkbar. Homosexuelle Paare – ob mit oder ohne Kinder – haben laut FPÖ kein Recht auf Ehe, ja nicht einmal auf eine eingetragene Partner_innenschaft.[2] Die FPÖ spricht also Regenbogenfamilien ab, Familien zu sein und qualifiziert das Rechtsinstitut der Eingetragenen Partner_innenschaften ab, das seit 2010 für homosexuelle Paare in Österreich existiert. Homosexuelle Menschen sind also laut FPÖ – der sogenannten Freiheitlichen Partei – Menschen zweiter Klasse.
In den letzten Jahren hat die FPÖ auch immer wieder negative Schlagzeilen mit ihrer Haltung gegenüber Frauenhäusern gemacht: Die frauenfeindliche Haltung dieser Partei gipfelte darin, dass sie äußerte, Frauenhäuser seien für die Zerstörung von Familien verantwortlich.[3]
Die FPÖ macht den Menschen blauen Dunst vor. Sie nutzt die derzeitige – berechtigte oder unberechtigte sei dahingestellt – Angst um Ressourcen, vor Terror, vor vermeintlicher Überwanderung etc., um eine Politik an den Menschen zu bringen, die marginalisierte und unterprivilegierte Menschen noch mehr an den Rand drängt, ja gar nicht 'hinein' lässt, ausschließt, missachtet, verachtet.
Die evangelischen Kirchen in Österreich, innerhalb derer der Einsatz für geflüchtete Menschen derzeit ein Hauptanliegen ist, haben nicht nur einmal Kritik an Programmen und Wahlslogans der FPÖ geäußert. Im Wahlkampf um die Kanzlerschaft 2013 war auf den Plakaten "neben den Konterfeis von Partei-Chef Heinz-Christian Strache und einem blonden Mädchen die biblische Botschaft 'Liebe deinen Nächsten' ergänzt durch 'Für mich sind das unsere Österreicher' zu lesen. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker und [die damalige] Oberkirchenrätin Hannelore Reiner kritisierten gegenüber dem Evangelischen Pressedienst diese 'missbräuchliche' Verwendung des Begriffes, die nichts mit dem christlichen Verständnis von Nächstenliebe zu tun habe."[4]
[1] Abschnitt 4) Seite 8, Parteiprogramm der FPÖ: https://www.fpoe.at/fileadmin/user_upload/www.fpoe.at/dokumente/2015/2011_graz_parteiprogramm_web.pdf
[2] Abschnitt 4) Seite 8, Parteiprogramm der FPÖ: https://www.fpoe.at/fileadmin/user_upload/www.fpoe.at/dokumente/2015/2011_graz_parteiprogramm_web.pdf
[3] Siehe beispielsweise den Beitrag des ORF hier: http://noe.orf.at/news/stories/2541766/
[4] Siehe dazu den Beitrag auf der Seite der Evangelischen Kirche in Österreich: http://evang.at/kritik-an-fpoe-verstaendnis-von-naechstenliebe/