Der Zusammenschluss lesbischer, schwuler und bisexueller haupt- und ehrenamtlicher Mitarbeiter_innen in den evangelischen Kirchen in Österreich, kurz: LSM, verleiht evangelischen Pfarrgemeinden und Einrichtungen in Österreich die Auszeichnung "akzeptierend und offen für alle Lebensformen", wenn diese sich für alternative Lebenskonzepte besonders engagieren.
Das bedeutet, dass sie generell unaufgeregt mit dem Thema Sexualität umgehen, dass sie verschiedene Lebensformen, auch und gerade nicht traditionelle, akzeptieren und Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierungen und Identität in der Gemeinde oder Einrichtung selbstverständlich Raum geben; dies gilt auch für Leitungspositionen. Für Pfarrgemeinden, die sich für das Prädikat bewerben, gilt außerdem, dass nur diese ausgezeichnet werden, die Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare anbieten.
So finden und fanden sich im Semesterprogramm der EHG Wien Veranstaltungen mit vielsagenden Titeln wie: "Ist doch eh egal! Sind doch alle mitgemeint! Sprache-Macht-Geschlecht & queere Alternativen" (Persson Baumgartinger) oder "Die Bekenntnisse der Godmother of Punk Nina Hagen" (Gerda Pfandl) sowie "Gender und Religion" (Barbara Heyse-Schaefer). Vorträge zum Lebenspartnerschaftsgesetz, zu queerer Theologie sowie Predigtreihen mit dem Titel "Liebe, Laster, Leidenschaft" und "Wer bin ich?" zeigen ebenfalls, dass Sexualitäten und Lebensformen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen, positiv thematisiert werden. Zusammenarbeiten mit der HOSI Wien (Homosexuelle Initiative) und der HUG (Homosexuelle und Glaube) sind für Pfarrerin Pfandl genauso selbstverständlich wie das Vernetzen mit der Universität – regelmäßig lädt sie Wissenschaftler_innen zu Vorträgen ein. Beim "Pride Prayer", dem queeren Gottesdienst zur diesjährigen Wiener Regenbogenparade im Juni, hielt sie eine beeindruckende Predigt, in der sie ausdrücklich nicht nur Schwule, Lesben und Bisexuelle willkommen hieß, sondern auch andere Que(e)re wie BDSM-Praktizierende – eine Gruppe, die besonders im christlichen Bereich noch allzu sehr ignoriert und gemieden wird.
Dass die Voraussetzungen für die Verleihung des Prädikats – besonders in Zeiten des weltweiten Umbruchs in Bezug auf die Homoehe beispielsweise – eher dürftig anmuten, mag wohl dem Umstand geschuldet sein, dass es in Österreichs Kirchen mit der Akzeptanz von LGBT-Lebensweisen nicht gerade weit her ist. Noch immer sind Segnungen gleichgeschlechtlicher Partner_innenschaften in der evangelisch-lutherischen Kirche, welche die größere der beiden evangelischen Kirchen in Österreich darstellt, nicht vorgesehen. Es wird also höchste Zeit, dass sich auch auf institutionalisierten Ebenen etwas tut.
Die Angebote und der Einsatz der EHG Wien mit Pfarrerin Gerda Pfandl für LGBT-Lebensweisen sind daher umso mehr als besonders wertvoll und wichtig hervorzuheben und wertzuschätzen. Herzliche Gratulation und Glückwünsche!