Die Jury des Alternativen Nobelpreises zeichnet Kasha Jacqueline Nabagesera aus, "weil sie sich trotz unerträglicher Einschüchterungen und Gewalt mit Mut und Hartnäckigkeit für das Recht von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen auf ein Leben ohne Vorurteile und Verfolgung einsetzt." (Presseerklärung vom 1.10.2015 auf der Webseite vom "The Right Livelihood Award").
Der Alternative Nobelpreis wird seit 1980 vergeben und wurde von Jakob von Uexküll gegründet. Zusammen mit Nabagesera werden in diesem Jahr noch drei andere Preisträger_innen gewürdigt: Tony de Brum für den Einsatz für die Zukunftsfähigkeit der Marshallinseln. Sheila Watt-Cloutier als Kämpferin für die Rechte der arktischen Inuit. Gina Strada für seinen Einsatz als Chirurg mit der Organisation Emergency für die medizinische Versorgung von Opfern von Kriegen und Verfolgung.
Nabagesera erhält diese Ehrung nicht zufällig. Seit Jahren setzt sie sich für die Rechte von LSBTI in ihrem Heimatland Uganda ein. 2010 ist sie deshalb gemeinsam mit ihrem Landsmann und Menschenrechtsaktivisten David Kato und vielen anderen in einer Tabloidzeitung zwangsgeoutet worden. David Kato wurde daraufhin ermordet. Sie selbst wurde vielfach mit dem Leben bedroht. Homosexualität ist in Uganda illegal und wird mit langen Haftstrafen geahndet. Insbesondere Amerikanische christlich-fundamentalistische Prediger arbeiten eng mit Kirchen vor Ort zusammen und heizen die Stimmung gegen LSBTI auf. Fast jährlich wird im Parlament von Uganda versucht, die Haftstrafen für Homosexualität zu verschärfen und sogar die Todessstrafe dafür zu fordern.
Nabageseras Reaktion auf ihre Auszeichnung: "Der Alternative Nobelpreis ist eine große Ehre und Anerkennung für die Arbeit, die ich und eine Handvoll Aktivisten vor über 10 Jahren begonnen haben. In vielerlei Hinsicht ist die Situation in Uganda seitdem schlimmer geworden, mit mehr offener Verfolgung. Auf der anderen Seite sind wir jetzt sichtbarer. Alle wissen, was kuchu (Slang für LSBTI) ist. Der Preis wird die Arbeit unserer Community unterstützen und hoffentlich einige Augen für den Dialog mit denen öffnen, die immer noch nicht verstehen, dass Menschenrechte zu allen Menschen gehören, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Genderidentität." (Übersetzung K.S. von der Webseite des Alternativen Nobelpreises, S.3.)
Nabagesera wurde 1980 geboren, wurde von mehreren Schulen verwiesen und lernte schließlich den Beruf der Buchhälterin. Anschließend studierte sie Jura mit Abschluss Menschenrechtsgesetzgebung. Seitdem hat sie auf internationalen Menschenrechtsforen immer wieder auf die homo- und transfeindliche Situation in ihrem Heimatland hingewiesen. Nabagesera gründete die Organisation "Freedom and Roam Uganda" (FARUG). Die Organisation setzt sich für die Rechte von LSBTI und für andere marginalisierte Gruppen ein. 2007 sprach sie auf dem Weltsozialforum in Nairobi vor 60.000 Menschen und forderte weltweit Respekt und Gleichberechtigung für LSBTI. Seitdem wurde sie immer wieder Opfer gewalttätiger Angriffe. Sie lebt sie in geheimen und ständig wechselnden Aufenthaltsorten und wird bis heute mit dem Leben bedroht.
In Deutschland ist Nabagesera bereits vor ihrer Auszeichnung bekannt gewesen. Sie wurde 2013 in Nürnberg mit dem Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis geehrt. Dafür kam sie nach Nürnberg und nahm an einer Menschenrechtskonferenz anlässlich der Preisverleihung teil.
Nabagesera ist eine mutige Frau, die mich sehr beeindruckt. Mit ihrer Zivilcourage, ihrer juristischen Kompetenz und ihrer medialen Präsenz versucht sie unter Lebensgefahr, die Situation von LSBTI in Uganda und in ganz Afrika zu verbessern. Ihre Arbeit ist deshalb so wichtig, weil sie selbst Afrikanerin ist. Der Alternative Nobelpreis zeigt es: Sie ist zu einer der wichtigsten Stimmen Afrikas geworden. Mit ihrer Arbeit und mit ihrer ganzen Person zeigt sie, dass der respektvolle Umgang mit sexueller Orientierung und Genderidentität kein westeuropäisches und nordamerikanisches Luxusproblem ist, sondern ein Thema, das Menschen auf allen Kontinenten existentiell angeht. Nicht Hass, Gewalt und Verfolgung lösen diese Fragen, sondern Sicherheit, Respekt und juristische Gleichstellung.