"Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste was es gibt auf der Welt", lässt uns Heinz Rühmann wissen. Und ich kann nur sagen, damit hat er recht! Freund_innen sind elementar für ein erfülltes menschliches Leben. Auch Jesus Christus hat sich während seiner Zeit auf der Erde mit vielen Menschen umgeben, die ihn liebten und für die er dasselbe empfand. Insofern freue ich mich für Carsten Rentzing, Erika Steinbach, Kim Davis und den Bischof von Rom, wenn sie die Öffentlichkeit wissen lassen, dass auch sie Freundschaften pflegen. Was mich daran allerdings irritiert, ist die Zusatzangabe, die alle vier bei ihrer Auskunft bezüglich Freundschaften betonen. Da heißt es: Sie hätten schwule oder homosexuelle Freund_innen. Nun, auch ich habe viele nicht heterosexuelle Freund_innen, aber, wenn ich über sie rede, erwähne ich in den seltensten Fällen ihre sexuelle Identität. Warum sollte das auch notwendig sein? Was unsere vier Prominenten angeht, hilft bei der Beantwortung dieser Frage ein Blick auf den Kontext ihrer Aussagen.
Die CDU-Politikerin Erika Steinbach, die Lesben und Schwulen aus voller Überzeugung das Recht auf Ehe verwehrt, wollte damit via Twitter dem Vorwurf entgegen treten, sie sei homosexuellenfeindlich. Dasselbe Anliegen verfolgte auch Landesbischof Carsten Rentzing, der kurz zuvor äußerte, dass Homosexualität nach der Bibel "nicht Gottes Wille ist". Ganz ähnlich lag der Fall bei Kim Davis, der US-amerikanischen Standesbeamtin, die für ihre Weigerung, homosexuelle Paare trauen zu wollen, vor kurzem in Beugehaft ging. Nachdem sie wieder draußen war, war es ihr ein großes Anliegen, im landesweiten Fernsehinterview von ihren lesbischen und schwulen Freund_innen zu berichten. Dieses Bedürfnis scheint tatsächlich etwas Ansteckendes zu haben. Denn nach dem Treffen zwischen Kim Davis und Papst Franziskus, bei dem er ihr Verhalten gewürdigt haben soll, hat es nun auch das Oberhaupt der katholischen Kirche eilig, die Welt wissen zu lassen, dass er bei seinem USA-Besuch doch wirklich einen schwulen Freund getroffen habe.
Doch genau so wie es über einen Menschen nichts aussagt, ob sie_er hetero- oder homosexuell liebt, sagt es auch rein gar nichts über eine Person aus, ob dessen Freund_innen hetero- oder homosexuell lieben. Von großer Aussagekraft ist hingegen ein bestimmtes Verhalten. Nämlich jenes, seine eigene, offene Homosexuellenfeindlichkeit mit dem Argument, schwule und lesbische Freund_innen zu haben, kaschieren zu wollen. Hier werden Nicht-Heterosexuelle als Feigenblätter instrumentalisiert. Denn der Subtext unter der Bekundung homosexueller Freundschaften soll ja wohl lauten: "Seht her, so schlimm kann ich doch gar nicht sein, ich mag nachweislich Lesben und Schwule und sie mich auch!" Wer aber so spricht, offenbart darin einen Denkfehler. Bei Tierarten gibt es immer Menschen, die der einen Art eher zugeneigt sind, als der anderen. Die eine mag keine Hunde, der andere liebt sie und bekräftigt das, indem er etwa erklärt, seine eigenen, drei sehr knuddeligen Exemplare jeden Tag am Strand spazieren zu führen. Menschen, die homosexuell lieben, sind aber keine spezifische Art und keine Sonderspezies! Und die relevante Frage im Umgang mit ihnen ist deshalb nicht, ob sie gemocht werden, sondern wie mensch es mit der Anerkennung ihrer unveräußerlichen Rechte in Staat und Kirche hält. Rentzing, Steinbach, Davis, der Bischof von Rom und noch viele andere maßen sich unverhohlen an, diejenigen zu entrechten, die homosexuell lieben. Das passiert da wo Homosexuellen das Eingehen einer Ehe und ihren Kindern das Recht auf gesetzliche anerkannte Eltern verweigert wird. Oder da wo versucht wird Homosexuelle vom Leib Christi fernzuhalten und ihnen den Segen Gottes vorzuenthalten. Doch wer so handelt sündigt, weil sie_er damit das letztgültige Urteil über Menschen sprechen will. Darüber kann auch kein noch so großer Freundeskreis aus Lesben und Schwulen hinwegtäuschen.
Ich persönlich muss sagen, dass es mir schwer fallen würde, Freundschaften mit Menschen zu erhalten, die mir aus voller Überzeugung meine Rechte absprechen. Beim Schreiben dieses Blogeintrages musste ich darüber nachdenken, wie die diversen Freund_innen mit der Homosexuellenfeindlichkeit von Rentzing, Steinbach, Davis, Papst Franziskus und anderen umgehen können. Dabei kam mir die Idee, dass einige vielleicht, in für mich beeindruckender Konsequenz, einem frommen christlichen Leitsatz folgen: Hasse die Sünde und liebe die, die sündigen.