Längst nicht alle Sitzhocker in der DASA-Stahlhalle, Friedrich-Henkel-Weg, sind besetzt. Ob es daran liegt, dass dieser Veranstaltungsort des Kirchentags nur mühsam mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist, oder daran, dass das Thema nicht allzu viel Publikum anzieht, ist schwer zu sagen.
Immerhin ist ein Impulsvortrag von Bundespräsident a.D. Christian Wulff angekündigt. Thema: Sein viel diskutierter Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“, ausgesprochen vor neun Jahren.
Moderator Abdul-Ahmad Rashid, Journalist beim ZDF in Mainz, führt ein über verschieden Varianten, die der Satz des Bundespräsidenten a.D. Christian Wulff genommen hat: Der Islam gehört zu Deutschland, gehört er nicht, Muslime gehören zu Deutschland und so weiter.
Wulff selbst kokettiert, neun Jahre später erscheine sein Satz noch immer zu früh, so etwas passiere einem auch nicht so häufig. „Die Reaktion, die ich von Muslimen bekommen habe, zeigt mir: Das ist mehr als ein akademischer Satz. Mir sagen Leute: Ich war 14, im Religionsunterricht in Hamburg, und da sagt mir mein Bundespräsident: meine Religion gehört zu Deutschland. Das hat mich sehr bewegt.“
Wulff fordert die Zuhörerinnen und Zuhörer: „Notieren Sie sich den 4. September 2040 in ihrem Kalender. An dem Tag wird Deutschland auf eine bewegte Zeit zurückblicken, auf 25 Jahre Ankunft der vielen Flüchtlinge. Im Mittelpunkt werden Deutsche stehen, die damals Flüchtlingen halfen.“
Ein Satz von Wulff löst auf dem anschließenden Podium viele Reaktionen aus. Die erste Runde im Deutungsstreit um die Flüchtlinge hätten die bürgerlichen Kräfte in Deutschland an die Rechtsextremen verloren, sagt er.
Bischöfin Petra Bosse-Huber fordert: „Wir müssen die Deutungshoheit wiedergewinnen. Menschen, die Moscheen angreifen und Muslime töten, gehören in die gleiche Kategorie wie salafistische Terroristen.“
Auch die Bloggerin Merve Kayikci („Prima Muslima“ heißt ihr Blog) stößt ins gleiche Horn: „Zu sagen, der Attentäter von Christchurch sei kein Christ gewesen, zählt nicht. Das Gleiche könnte man auch von muslimischen Terroristen sagen, die sind auch nicht religiös.“
Und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek ergänzt: „Die Extremisten sind eine kleine Zahl. Aber sie setzen darauf, dass die Mehrheit passiv bleibt.“ Er fordert die Zivilgesellschaft auf, sich zu einem Zusammenhalt zu bekennen.
Christian Wulff kritisiert nach seinem Vortrag das Verhalten der aktuellen Machthaber in der Türkei. Die Ditib-Moschee in Köln wurde vom türkischen Staatspräsidenten Erdogan eingeweiht. Die Vertreter von Stadt und Staat wurden nur am Rand wie Gäste behandelt – nachdem sie sich dafür eingesetzt hatten, dass eine repräsentative Moschee mitten in Köln gebaut wird.