Eigentlich hätten die Veranstalter es wissen müssen: Wenn man über Pastorinnen und Pastoren in Sozialen Netzwerken sprechen möchte, reicht ein stickiger Raum mit etwa 40 Sitzplätzen bei weitem nicht aus. Denn: Hier besteht definitiv Gesprächsbedarf! Vor allem, wenn man sich Vorzeige-Instagrammer wie Theresa Brückner (theresaliebt) oder Markus Schneider ("breitester Pastor Deutschlands) eingeladen hat.
Warum aber sollte man sich als Pfarrer*in überhaupt auf Plattformen wie Instagram oder Facebook zeigen? Die Berlinerin Theresa Brückner hält die Netzwerke für eine gute Möglichkeiten mit Gemeindemitgliedern in Kontakt zu treten, ihnen aber auch Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und sie miteinander zu vernetzen. Für Ellen Radtke sind sie auch eine Art Spiegel, um als Pastorin nicht die Verbindung zu ihrer Gemeinde zu verlieren und um dafür zu sorgen, aus dem "Kirchensprech" herauszukommen und verständlicher in ihren Predigten zu sein. Ähnlich sieht es auch Christoph Breit, der als Projektleiter Kirche Digital für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern arbeitet. Er findet im Netz Trends, die sich in der kirchlichen Welt abzeichnen können – wie auch etwaige Problematiken bzw. Shit Storms. Doch dass Pfarrer*innen in Sozialen Netzwerken präsent sind, ist für ihn eigentlich selbstverständlich, da "Verkündigung schon immer Teil des Pfarrer*innenberufs war" und sich nur die Medien verändern.
Markus Schneider betont, dass jede Pastorin und jeder Pastor eigene Begabungen und Talente hat, mit denen er andere begeistern und so auch für den Glauben wenigstens interessieren kann. Seine sind Tattoos und Fitness, was vor allem bei Jugendlichen gut ankommt. So verbindet Schneider bei seiner Arbeit soziale Projekte mit Jugend- und Gemeindearbeit und ist deswegen vor allem auf Instagram und Facebook aktiv. "Die beste Nachricht bringt nichts, wenn sie nicht gehört wird" ist seine feste Meinung.
Authentizität ist die Grundvoraussetzung, um Erfolg in den Sozialen Netzwerken zu haben und sich einer Fanbasis aufzubauen – da sind sich alle einig. Josephine Teske, Pastorin und alleinerziehende Mutter, instagramt deshalb nicht nur Gebetsanliegen aus ihrer Gemeinde oder inspirierende Texte, sondern berichtet auch aus ihrem manchmal etwas chaotischen Privatleben. Denn, man glaubt es kaum, aber auch ein Pastorenkind legt sich mal schreiend auf den Supermarktboden oder läuft mit dreckigen Strumpfhosen durch die Gegend. Solche "unperfekten" Geschichten ermutigen andere alleinstehende Elternteile.
Auch Ellen Radtke spricht eine besondere Leserschaft an. Da sie auch im Netz kein Geheimnis daraus macht, dass sie lesbisch und mit einer Frau verheiratet ist (übrigens auch einer Pastorin), wird sie oft von anderen queeren Menschen angeschrieben. Diese wenden sich mit ihren Anliegen an sie, weil sie das Gefühl haben, ihre Probleme nicht mit ihrem Pastor bzw ihrer Pastorin vor Ort besprechen zu können oder es nicht wollen.
Die Einblicke ins Leben der Pfarrerinnen und Pfarrer kommen gut bei ihren Gemeinden an ("Am liebsten würden meine Gemeindemitglieder auch noch wissen, wie meine Wohnung eingerichtet ist"). Nicht nur wegen ihren lebensnahen Inhalten und Impulsen, sondern auch aufgrund ihrer Liebe zu ihrem Beruf, sind die Onliner so beliebt. Vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie vermitteln mit ihren Smartphones, was es bedeutet zu glauben und wie Kirche heutzutage in unserer Gesellschaft aussieht. Denn auch Pastor*innen sind Menschen mit Zweifeln und dreckigen Wohnungen.