Wird die Welt eine bessere, eine gerechtere, wenn wir nur noch fair gehandelte Bananen essen? Blöde Frage: Natürlich nicht. Das war auch den Teilnehmenden des Podiums „Jenseits fairer Bananen: Welthandel im 21. Jahrhundert“ klar. Dass es auf die Frage, wie wir Globalisierung, Digitalisierung, Ernährung und Handel so gestalten können, dass es für alle gerecht zugeht, keine einfache Antworte gibt, ist eine Binse.
Gestellt wurden sie trotzdem. Auf dem Podium diskutierten Vandana Shiva, Trägerin des Right Livelihood Awards („Alternativer Nobelpreis“) Jens Martens, Geschäftsführer des Global Policy Forums und Oliver Wittke (CDU), MdB und parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, der offenbar für die Rolle des advocatus diaboli als wirtschaftsfreundlicher Politiker vorgesehen war, sie aber nur mäßig ausgefüllt hat. Zum Glück.
Im Grunde war man sich einig: So wie es jetzt läuft, läuft es nicht – oder zumindest nicht mehr lange. Shiva begann die Veranstaltung mit einem Vortrag, in dem sie mit großem Verve und viel Pathos Biodiversität, lokale biologische Produktion und regionalen Handel pries, Gentechnik verteufelte und Großkonzerne wie Bayer und seine Tochter Monsanto anklagte. Häufig sprach sie vom „Giftkartell“: "Bayer verkauft Glyphosat, das Krebs erzeugt und hat zugleich ein Monopol auf viele Krebsmedikamente. Was für ein Geschäftsmodell!", kritisierte sie scharf. Immer wieder warf sie mit Zahlenkolonnen um sich, etwa den Billionen US-Dollar, die jährlich in die Behandlung von Krankheiten investiert würden, die durch schlechte Ernährung ausgelöst werden oder den hunderttausenden Baumwollbauern, die sich in Indien jährlich das Leben nehmen. Zahlen, die schon häufig als übertrieben kritisiert wurden.
Beim Publikum kam sie damit aber gut an. Auf die zweimalige Frage, was sie als Weltkanzlerin tun würde, sagte sie: „Die Wahrheit sagen.“ Kurz, bündig, löblisch - und etwas enttäuschend.
Jens Martens forderte eine Straßenverkehrsordnung für den Welthandel, die nicht nur Rowdys in Porschen berücksichtigte, sondern vor allem die Fußgänger und Radfahrer schützt. Soll heißen: mehr Transparenz in den Lieferketten sowie höhere Standards in ökologischen und sozialen Fragen.
"Der Verbraucher kann nicht die alleinige Verantwortung tragen"
Wittke legte zunächst dar, was die Bundesregierung in dieser Hinsicht schon alles gut macht („Wir gehen kein Rohstoff-Abkommen mit Staaten ein, ohne soziale und ökologische Standards zu fordern!“) und dass Deutschland bereits Vorreiter sei („Wenn deutsche Standards international wären, dann wäre die Welt eine bessere!“). Festnageln auf die Position des wirtschaftsliberalen Apologeten ließ er sich jedoch nicht. "Globalisierung ist Teil der Lösung, nicht das Problem. Aber daran müssen alle teilhaben können. Es gibt keine Alternative zu einem sozialen, fairen und nachhaltigen Welthandel."
Eine echte Diskussion brandete kurz auf, als Martens (unterstüzt von Moderatorin Katharina Reuter, Geschäftsführerin UnternehmensGrün) forderte, dass Bananen teurer werden müssten, weil sie einen weiteren Transportweg hätten als lokales Obst. Wittke hielt dagegen: "Wenn wir Bananen so teuer machen, dass sie hier keiner mehr kauft, stärkt dass die Wirtschaft in ärmeren Ländern nicht. Das ist der falsche Weg!"
Also was tun als kleiner Verbraucher?, fragte das Publikum. "Der Verbraucher kann nicht die alleinige Verantwortung tragen", sagte Martens. Großer Applaus - spürbare Erleichterung im Publikum. "Die Regierung muss vieles regeln, aber der Verbraucher muss sich auch verhalten, damit Druck auf die Märkte ausgeübt wird", hielt Wittke dagegen und lieferte gleich ein Paradebeispiel: "Ich trinke in keinem Restaurant Wasser, das aus Italien rüber gekarrt wurde." Ob das reicht?
Dass die Ergebnisse (höhere ökologische und soziale Standards, mehr Nachhaltigkeit, mehr Biodiversität, aber auch der Konsument hat Verantwortung) niemanden mehr vom Papphocker hauen würden, zeigte sich auch daran, dass ebenjene Hocker in der Phoenix-Halle zu zwei Dritteln leer blieben. Dafür war das Publikum überaus engagiert. Von den knapp 200 Anwesenden wurden immerhin 80 Fragen an die Panel-Teilnehmenden eingereicht. Für eine Resolution reichte es leider nicht.
Am Ende gab es noch faire Bananen für alle - kostenlos. Die waren zwar klein, haben aber geschmeckt.