Was für ein Vertrauen! Das Kirchentagsmotto spiegelt sich in den Texten für die Bibelarbeiten. Am Donnerstagmorgen geht es um den armen Hiob, der trotz aller Katastrophen treu zu Gott steht. Was für ein Vertrauen!
In der wunderschönen Reinoldikirche in Dortmunds Innenstadt stimmt ein Chor das Staigerlied „Glück auf, Glück auf“ und dichtet es um in „Gott ist bei dir, Gott ist bei dir“. Dann geht eine kleine, zierliche Frau mit blonden Haaren und Etuikleid die Stufen zum Rednerpult hoch: Bettina Limperg, die Präsidentin des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.
„Man kann vom Glauben abfallen, wenn man hört, was Hiob zustößt“, sagt sie, „denn eigentlich gehen wir ja von einem gerechten Gott aus, der uns schützt, wenn wir uns richtig verhalten.“ Und Hiob macht alles richtig, ist gottesfürchtig, erfolgreich im Beruf, hat eine tolle Familie, Geld, Freunde. Und doch liefert Gott ihn an Satan aus und lässt zu, dass ihm alles genommen wird. Satan hat Gott zur Wette herausgefordert: Wetten, dass Hiob vom Glauben abfällt, wenn es ihm schlecht geht?
Irgendetwas muss ihr Mann doch verbrochen haben, wenn Gott solche grausamen Strafen schickt. So denkt Hiobs Frau und drängt ihn, seine Sünden zuzugeben.
Hiob denkt anders. Er weiß ja, dass er unschuldig ist. Er ahnt, dass es gar nicht um ihn geht. Er schaffe es, sich von der Ich-Bezogenheit und dem Denken seiner Umwelt zu lösen, die alles nur mit dem menschlichen Maß misst, sagt Bettina Limperg und führt klug und verständlich aus, was sie unter einem „Gottesbild der Freiheit“ versteht. Gott hat zugelassen, dass Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis essen, weil er wollte, dass die Menschen Verantwortung übernehmen und zwischen Gut und Böse wählen können. Dass Gott den armen Hiob an Satan ausliefert, sei nicht etwa Gottes Schwäche, wie man auf den ersten Blick meinen könnte, sondern gerade Gottes Stärke. Er gebe damit Hiob die Freiheit und schenke ihm großes Vertrauen. Hiob bleibt standhaft und vertraut auf Gott, in guten wie in schlechten Tagen.
„Von guten Mächten wunderbar geborgen“, singt der Chor jetzt, die Zeilen, die Dietrich Bonhoeffer in der Gestapozelle gedichtet hat. Auch Bonhoeffer vertraute auf Gott in guten wie in schlechten Tagen. Gott gewinnt die Wette gegen Satan - weil er Hiob vertraut und Hiob das Vertrauen erwiedert.
Bettina Limpergs Fazit: Es gibt niemanden außer uns selbst, der sich für das Gute und gegen das Böse entscheiden kann. Und Gott braucht viele Menschen wie Hiob, um gegen Satan zu bestehen. Und hier kommt wieder der Kirchentag ins Spiel: Die Juristin wird Präsidentin des Ökumenischen Kirchentages 2021 in Frankfurt sein - zusammen mit Thomas Sternberg, dem Präsidenten des Zentralkomitees der Katholiken. Wenn der Dortmunder Kirchentag zu Ende ist, geht die Arbeit richtig los, erzählt sie nach der Bibelarbeit. „Dann wird jede freie Minute verplant sein“, sagt sie - und lächelt zuversichtlich. Sie freut sich, Teil dieser Bewegung zu sein. „Ich bin so beeindruckt davon, dass Menschen gemeinsam Zeichen der Hoffnung setzen, Gerechtigkeit einfordern und die Stärke zeigen, die der einsame Hiob ganz alleine aufgebracht hat“.