Wenn es sich Menschen so richtig gut gehen lassen, dann leben sie wie Gott in Frankreich. Woher diese Redewendung kommt, ist nicht final geklärt. Ich habe es gegoogelt und nur herausgefunden, dass es wahrscheinlich mit der französischen Revolution und dem Aufheben der Ständegesellschaft zu tun hat. So oder so, die Redewendung bezieht sich auf „das gute Leben“.
Wir sind mit Auto, Dachbox und Zelt vor zwei Wochen in Frankreich gestartet und mussten schnell feststellen, dass es für „das gute Leben“ im Februar recht flott in den Süden gehen muss. Ab Montpellier haben wir uns dann ein wenig mehr Zeit gelassen und sind über Carcassonne und Toulouse in die Pyrenäen gefahren.
Kann es wirklich sein, dass Gott sich gerade in Frankreich sehr wohl fühlt? Während dieser Zeit habe ich mich gefragt, wie Gott in Frankreich eigentlich lebt. Geht es Gott so wie uns, dann wahrscheinlich nicht nur in Saus und Braus, sondern auch mit Herausforderungen, Rückschlägen und einigen verwunderten Blicken. Denn wenn man sich der Natur aussetzt, muss man sich auch ihren Launen anpassen. Wenn wir also bei Sonne wunderschöne Via Ferratas geklettert sind, Berggipfel erklommen haben, kleine Dörfchen angeschaut und uns mit großer Freude die Winterjacke ausgezogen haben, mussten wir trotzdem bei Regen schauen, wohin wir uns verdrücken konnten. Die Optionen sind gering: Liegen im Zelt, sitzen im Auto oder sich irgendwo anders einen Unterschlupf suchen. Wir finden immer noch nach und nach raus, was es braucht, um gut minimalistisch zu leben. Gerade bei Wind und Wetter. Um zwischendurch auch mal eine Pause von Nächten im Zelt zu haben, sind wir in einem AirBnb untergekommen und haben eine Freundin beim Haus-Sitting bei Toulouse besucht. Mit Blick auf die schneebedeckten Pyrenäen.
In Südfrankreich haben wir uns trotz den fehlenden Rückzugsmöglichkeiten beim Campen ohne Camper verliebt. Nicht nur weil man dort sehr gut klettern kann. Steinhäuser mit bunten Fensterläden, die ersten wilden Frühblüher, frische Croissants zum Frühstück und Kakteen am Straßenrand. Alles hat sich ein bisschen wie ein Hauch von Sommer angefühlt und an den wenigen Sonnentagen konnte man schon spüren, was uns hoffentlich in Spanien und Portugal erwartet. Ich bin noch nie so weit im Süden Frankreichs gewesen, und hätte uns der Wunsch nach mehr Sonne und weniger kalten Nächten nicht nach Spanien getrieben, hätten wir sehr gut noch einige Zeit länger im Süden von Frankreich bleiben können.
Einige Aktivitäten können wir besonders empfehlen. Zum Beispiel:
- Carcassonne außerhalb der Saison zu besichtigen.
Ich kann und will mir gar nicht vorstellen, wie voll und eng die größte Festung Europas im Sommer sein muss. Als wir dort waren, war nur eine andere Reisegruppe da und das hat uns an Menschenmenge längst gereicht. Die große Festung zu besuchen, die komplexe Anlage anzusehen, die Kathedrale im inneren der Mauern zu besichtigen und die Stadt von oben zu betrachten, können wir aber auf jeden Fall empfehlen.
Leonie MihmDie äußere Stadtmauer von Carcassonne. - Via Ferratas und vor allem Saint Paul de Fenouillet
Wir haben in zwei Wochen fünf Via Ferratas geklettert und es gibt noch so viele mehr. Alle haben uns gefallen. Wir sind mit A und B Routen gestartet und haben uns bis E gesteigert. Es gibt also was für Anfänger:innen und Fortgeschrittene und das sogar im Februar. Saint Paul de Fenouillet hat mir am besten gefallen, war aber auch am schwierigsten. Insgesamt haben wir uns über 160 Mal umgehängt, waren über drei Stunden am Berg, haben Seilbrücken überschritten und mussten mehr als einen Überhang überwinden. Wer aber ein wenig Klettererfahrung hat, kann sich die Herausforderung auf jeden Fall zutrauen. Es gibt am selben Berg auch eine sehr leichte Route, die haben wir auch mitgenommen und würden sie Menschen empfehlen, die keine oder wenig Klettererfahrung haben.
Leonie MihmLeonie vor dem Gipfelkreuz auf der Via Ferrata. - Die Bio-Bäckerei in Cucugnan
Das Dorf liegt sehr nah bei der oben genannten Via Ferrata und ich habe mich beim ersten Blick schockverliebt. Kleine gewundene Gässchen führen hinauf zu einer Mühle, vorbei an Töpfereien und Galerien. Oben gibt es eine Bio-Bäckerei, wo es nicht nur selbstgebackenes Brot gibt, sondern man auch einen Kaffee unterm Sonnensegel trinken kann. Absolute Idylle. Von dort aus kann man auch zu einer Ruine auf einer Bergspitze wandern. Das haben wir leider nicht mehr geschafft. Vielleicht wird es ja was auf dem Rückweg.
Leonie MihmCucugnan mit Blick von der Zufahrtsstraße.
In der Rückschau auf Südfrankreich würde ich sagen, dass ich es verstehen könnte, wenn Gott es dort besonders gerne mag, ich kann's mir aber kaum vorstellen. Wenn Gott campen gehen würde, sollte sich Gott aber auch darauf einstellen, dass kaum ein Campingplatz zu dieser Jahreszeit geöffnet hat. Das wird erst ab März entspannter.
Trotzdem bereuen wir es auf jeden Fall nicht, im Februar losgefahren zu sein. Wenn weniger los ist, lässt sich vieles einfacher genießen. Und der französische Käse hält sich im Auto länger.