Wer hätte gedacht, dass es bei uns nochmal weitergeht? Keine Sorge, wir auch nicht. Es ist jetzt schon fast drei Monate her, dass unser T4-Bus Albertina in Dänemark den Geist aufgegeben hat. Es ist zwei Monate her, dass wir versucht haben sie zu reparieren und es ist einen Monat her, dass wir uns eingestehen mussten, dass ein Getriebeschaden nun mal ein Getriebeschaden ist, der sich nicht mal so im Handumdrehen reparieren lässt.
Seitdem ist sehr viel passiert und gleichzeitig ganz wenig. Seit vielen Wochen leben wir wieder in unseren Kinderzimmern, zwischen Kisten und Kartons und fühlen uns so, als würden wir auf der Stelle vor uns her trampeln. Gleichzeitig hatten wir so die Chance unsere Familien zu sehen, Weihnachten und Silvester zu feiern und konnten ganz in Ruhe einen neuen Plan schmieden. Denn: Es geht weiter. Aber ohne VW-Bus. Vom Van-Life zum Tent-Life - oder so. Auch wenn wir uns das alles ganz anders vorgestellt haben, freuen wir uns auf ein neues Abenteuer, und das wird es auch wirklich werden.
Denn wir haben uns dagegen entschieden viel Geld in die Hand zu nehmen und den VW-Bus reparieren zu lassen. Stattdessen ist Albertina erstmal in einer Scheune zum Winterschlaf abgestellt. Dort wird sie aber nicht für immer bleiben, aber erstmal für dieses Frühjahr. Wir haben uns dazu entschieden unser Geld lieber fürs Reisen und nicht für noch mehr Reparaturen auszugeben. Stattdessen wird uns jetzt „Sonic“ begleiten. Ein Audi A4 B6. Also kein Auto, in dem man stehen kann, in das man sich zurückziehen kann, um seine Ruhe zu haben oder schlechtes Wetter zu überbrücken oder in dem man kochen und Wäsche waschen kann. Das Auto ist primär ein Vehikel für uns, um von A nach B zu kommen. Damit wir aber trotzdem unsere Ausrüstung mitnehmen können und möglichst autark sind, haben wir in den letzten Wochen ein paar kleine Umbauten vorgenommen.
Mini Ausbau im Auto – geht das?
Dazu gehört erstens eine gebrauchte Dachbox mit ungefähr 460 Litern, in die wir unser Hab und Gut verstauen werden und eine Konstruktion aus OSB-Platten, die wie ein provisorisches Bett funktioniert. Das bedeutet, dass wir, wenn alles schiefläuft, auch mal im Audi schlafen können. Aber nur auf sehr engem Raum, ähnlich wie in einer Sardinenbüchse. Das heißt, dass man durch die Seitentür zum Bett gelangt, aber es so eng ist, dass die Füße zuerst und die Arme zuletzt ins Auto können. Wir werden also unsere Akrobatikkünste trainieren. Unter dem „Bett“ ist Platz für flache Kisten mit Rollen, darin ist unser Werkzeug, unsere Küche und unser Essen verstaut. Unser Plan ist es, vor allem im Zelt zu schlafen und so den restlichen Platz im Auto für Kleidung, Gasflasche und Kocher verwenden zu können. Die müssten sonst immer wieder von den Sitzen vorne nach hinten geräumt werden und umgekehrt, wenn wir das „Bett“ im Auto benutzen wollen. Generell haben wir aber im Vergleich zum Gepäck im Bus nochmal ziemlich abgespeckt. Vor allem Kleidung und Werkzeug haben wir weniger dabei. Damit wir unterwegs arbeiten können und unsere technischen Geräte immer geladen werden können, haben wir uns noch eine sogenannte „Powerstation“ gekauft. Das ist im Prinzip eine riesige Powerbank mit 1kW, die nicht nur USB-Anschlüsse hat, sondern auch normale Steckdosen. Außerdem haben wir noch ein paar Kleinigkeiten im und um das Auto verändert. Ein Netz an der Decke, neue Kotflügel, ein kompletter Service und die Spur wurde richtig eingestellt. Alles in allem hat unser Umrüsten nochmal um die 1.000 Euro gekostet. Das klingt erstmal nach viel Geld, ist aber in Vergleich zu der Reparatur von einem Getriebeschaden immer noch günstiger.
Worauf wir uns einstellen
Uns ist sehr bewusst, dass diese Form des Reisens und Lebens noch viel unkomfortabler ist als die in einem Bus. Wir möchten die Chance für das Abenteuer aber trotzdem nutzen. Die andere Option wäre der Rückkehr in einen Alltag mit Job und Wohnung und Verpflichtungen. Also haben wir entschieden, es wenigstens zu probieren. Ich bin mir sicher, dass sich das vor allem für den Blog lohnen wird. Denn jetzt gibt es nochmal ganz neue Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Wie ist das im Zelt zu leben? Finden wir im Winter überhaupt überall Campingplätze? Welche Vor- und welche Nachteile hat diese Art zu reisen? Fühlt sich das Reisen langsamer, anstrengender oder bewusster an?
Geplant haben wir erstmal bis März, also circa bis Ostern. Ich faste sozusagen ab jetzt ein Dach über dem Kopf. Wenn wir vorher merken, dass wir nach Hause wollen, können wir jederzeit abbrechen und wenn wir merken, dass wir länger so unterwegs sein wollen, kann es auch sein, dass dieses Abenteuer noch länger geht. Wir sind also erstmal ohne Druck unterwegs und sind gespannt, was auf uns zukommt.
Das Ziel ist gerade das Mittelmeer. Grund dafür sind selbstverständlich die frostigen Temperaturen draußen, die wirklich nicht fürs Zelten auf Dauer gemacht sind.
Es geht trotzdem
Was wir aber merken: Es geht trotzdem. Irgendwie. Auch wenn dazu gehört, dass nichts so läuft wie geplant und das alles sich doof anfühlt. Sicherlich hatten wir das absolute Glück noch ein Auto in der Garage stehen zu haben und den Bus abstellen zu können. Aber das, was wir von dieser Zeit mitgenommen haben, gilt für alle Lebenslagen. Woran unsere Idee von Freiheit fast gescheitert ist, war die konkrete Vorstellung von ihr in unseren Köpfen. Wer bereit ist Kompromisse einzugehen, kann neue Wege und neue Abenteuer entdecken. Was mir in der Zeit der Unsicherheit geholfen hat, ist diese Zuversicht, die einfach immer da ist. Weil ich weiß, dass ich darauf vertrauen kann, dass es gut wird, wenn ich mich dafür einsetze. Erst seitdem ich mich auf Abenteuer einlassen und mein Komfort durch Kontrolle nicht mehr funktioniert, merke ich, wie sehr mein Glaube mir Halt gibt. Auch wenn es cheesy klingt.
Diese Woche geht es wieder los. Ich freue mich, den zweiten Teil des Abenteuers hier dokumentieren zu können. Willkommen zu „Evangelisch Unterwegs Staffel 2“.