Vier Wochen lang haben wir darauf gewartet, dass der kaputte VW-Bus zu uns nach Deutschland geliefert wird. Wegen den besonderen Maßen des Busses dauerte dies aus Dänemark mit dem ADAC länger als durchschnittlich. Heißt: Alle zwei Tage in Wartschlangen hängen, keine genauen Antworten bekommen und deswegen irgendwie Zeit rumbekommen. Solange, bis ich nicht mehr meine Mitgliedschaftsnummer sagen muss, weil die Leute am anderen Ende der Leitung mich schon kannten. Ich musste nicht einmal mehr die gelbe Karte aus dem Portemonnaie kramen, weil ich die Nummer schon auswendig kannte. Was uns in dieser Zeit des Wartens geholfen hat: Eigene kleine Ziele setzen, bei den Eltern helfen und versuchen, produktiv zu bleiben. Das half gegen das Gefühl der Ungewissheit und sorgte dafür, dass sich keine Lethargie einstellt.
Und dann endlich war sie da. Albertina stand wieder in Hessen. Wir verzichteten auf die Werkstattkosten und versuchten, das Auto selbst wieder fit zu machen. Zum Glück können wir in der Scheune von einem Freund schrauben, der uns mit seinem Knowhow tatkräftig zur Seite stand. Das war dann schon Ende November. Das hieß Kälte, Wind, Schnee und keinen Raum, in dem man sich aufwärmen konnte. Kalte Füße, kalte Hände, wenig Sonnenlicht, viel Dreck, viel Rumprobieren, wenig Erfolgserlebnisse. Glaubt mir, das schlägt irgendwann auf die Nerven. Aber nach langen Tagen und viel Anstrengung war irgendwann das neue Radlager eingepresst, die verdammt teure neue Einspritzpumpe eingestellt und die neuen Reifen am Auto. Das hieß: Es geht bald wieder los. Der neue Plan: Bis Weihnachten nochmal nach Frankreich und danach nach Slowenien, Kroatien und vielleicht sogar bis Griechenland. In dieser Zeit hat uns eine Gewissheit durch die anstrengenden, kalten Tage getragen: Wir sind bald wieder zuhause. Wir können wieder in unsere Albertina einziehen und weiter Abenteuer erleben.
Als es so weit war, hieß es: Einmal Auto ausräumen, alles sauber machen und dann das Auto wieder einräumen. Und dann: Ein neuer Fleck unterm Auto. Getriebeöl. Ein Leck an der Tachowelle. Und so ganz gut lassen sich die Gänge auch nicht mehr einlegen. Ein Neuteil für einen T4 Bus kostet 16 Euro. Ein Neuteil für einen T4 Syncro (den wir haben) wird nicht mehr hergestellt. Nach langem Suchen fanden wir eins. Für 180 Euro. Was soll's, eine andere Möglichkeit gibt es gerade nicht. Aber wenn das Teil nicht passt und auch die anderen Probleme mit dem Getriebe nicht lösen kann… Ja, was dann? Eine Reparatur kann tausende Euro kosten. Das Ersatzteil ist immer noch nicht losgeschickt worden und der Geduldsfaden war mittlerweile kurz.
Langsam haben wir beide keine Kraft mehr dauerhaft zu warten, für nichts und wieder nichts Arbeit in den Bus zu stecken und die Zeit und das Geld, die für die Reise eingeplant waren, mit Däumchen drehen und Reparieren zu verbringen. Gerade gibt es keinen Lichtblick und keine Alternative. Klar, wir können auch ohne Bus losziehen. Mit Rucksack und Zelt zu Fuß oder mit dem Zug, aber dafür sind wir weder ausgerüstet, noch ist die Jahreszeit irgendwie dafür geeignet. Klar, wir können auch zu unserem Alltag zurückkehren, aber wie frustrierend ist es wieder Vollzeit zu arbeiten, wenn du eigentlich geplant hattest, die nächsten vier Monate unterwegs zu sein? Und natürlich haben wir Glück. Wir sitzen nicht auf der Straße, wir haben auf jeden Fall Alternativen und wir haben viele Menschen, die uns unterstützen.
Viele Menschen haben mir gesagt oder geschrieben, dass es doch jetzt superspannend wäre, im Blog darüber zu schreiben, wie wir mit dem Frust und den Rückschlägen umgehen. Am Anfang hätte ich gesagt, einfach aushalten und weitermachen ist die Lösung. Irgendwann wird es besser, irgendwann ist die nervige Zeit vorbei. Nicht gegeneinander, sondern miteinander durch den Frust zu gehen. Aber das klingt nach sechs Wochen warten, arbeiten und Rückschlägen nur noch zynisch. Ich habe keine gute Antwort und keine Lösung, wie mit Frust, Trauer und Rückschlägen umgegangen werden kann. Manchmal hat man auch keine Lust mehr einfach weiterzumachen, manchmal fühlt sich alles einfach sinnlos ein, manchmal ist die einzige Alternative, die bleibt, sich tagelang im Bett zu verkriechen und zu heulen. Das ist, glaube ich, auch ein valider Weg, mit dem Frust umzugehen. Ungewissheiten sind manchmal schwierig auszuhalten und Dinge, die ungeplant eintreffen, müssen auch nicht zwanghaft passend gemacht werden. Was wir gerade tun, bis das Ersatzteil ankommt, ist uns abzulenken. Zeit mit der Familie zu verbringen, Spiele zu spielen, am Handy zu hängen, uns in ehrenamtliche Arbeit zu stürzen, Filme zu gucken und viel zu schlafen.
Eigentlich ist es mir sehr wichtig, irgendeinen Takeaway in jedem Blogbeitrag zu haben. Deswegen habe ich mich sehr schwergetan, diesen Text zu schreiben. Aber gerade ist das der Status unserer Reise: Ins Stocken geraten, mit ein bisschen weniger Zuversicht und weniger Weitblick.
Ich weiß, dass sich das auch wieder ändern wird und dass ich eigentlich schreiben sollte, wie sehr mich mein Glaube in der Zeit trägt. Dass Gott mir zeigt, dass es bald einen Lichtblick geben wird und dass mein Glaube mir Leichtigkeit und Hoffnung schenkt. Aber ich spüre es gerade nicht. Ich wollte den Advent mit meinem wunderschönen Adventskalender im Bus feiern und euch davon erzählen, wie Advent auf drei Quadratmetern funktionieren kann. Advent heißt auch Warten, aber Warten im Namen der Vorfreude. Und die ist genau das, was uns gerade fehlt. Aber eine gewisse Ähnlichkeit hat es schon: Wir warten auch auf ein Weihnachtswunder und hoffen, darauf bald eine Herberge zu finden.