Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und -Nutzer,
Margot Käßmann hat in der vergangenen Woche für viel Gegenwind gesorgt, als sie für das Magazin "Zeitzeichen" einen Artikel über die Seelsorge im Riesenrad auf der Weltausstellung der Reformation in Wittenberg schrieb. Darin schrieb die Reformationsbotschafterin des Rates der EKD, dass sie auf Facebook mit einem falschen Namen unterwegs war und erlebte, dass dort "inmitten des enormen Mitteilungsbedürfnisses" für Vertraulichkeit "offenbar kein Platz mehr" sei.
Das hat in der Facebook-Gruppe "Kirche und Social Media" für einen kleinen Wirbel gesorgt. Kein Wunder, denn für die Menschen, die dort lesen und posten, ist Facebook ein wichtiges Werkzeug im Kirchenalltag. Gleich drei Pfarrerinnen und Pfarrer widersprachen Margot Käßmann mit eigenen Blogeinträgen: Holger Pyka (Die letzte macht das Internet aus), Christoph Breit (Von falschen Narrativen und geschützten Räumen) und Friederike Erichsen-Wendt (Von Riesenrädern und kleinen Rädchen).
Deren Argumente gegen die Lässigkeit, mit der Margot Käßmann Facebook und damit auch den Rest der sozialen Medien abschreibt als einen Raum, in dem Vertraulichkeit nicht möglich sei, will ich nicht wiederholen. Bemerkenswert finde ich aber, dass sie sich wünscht, dass wir "in unserer Kirche die Räume des Vertrauens pflegen oder wieder herstellen" und "neue Formen schaffen, damit Menschen beichten können" - und trotzdem den Ort, an dem sich seit mehr als 10 Jahren ständig solche neuen Formen und Räume bilden, nämlich das Internet, so negativ betrachtet.
Verschiedene Wege nicht gegeneinander ausspielen
Ich hatte beim Medienkongress in Hamburg im vergangenen Jahr die Gelegenheit, mit mehreren Menschen aus der Internetarbeit verschiedener Landeskirchen zu sprechen. Noch immer erzählen sie, gerade in den kleineren Landeskirchen, dass sie ihre Arbeit ständig rechtfertigen und um jede Unterstützung ringen müssen. Gottseidank gibt es genug Gemeinden, Kirchenkreise und Ämter, in denen nicht mehr über das "ob", sondern über das "wie" gerungen wird.
Mir ist dabei vor allem wichtig, dass auch beim Thema Seelsorge nicht die eine Möglichkeit der Kommunikation gegen die andere ausgespielt wird. Denn als Kirche, gerade als eine, die immer wieder neue Räume zum vertraulichen Gespräch aufmachen möchte, brauchen wir sowohl das Gespräch im Pfarrbüro, das Gespräch im Riesenrad und das Gespräch im Facebook-Chat. Datenschutz-Gründe führen dazu, dass Facebook für manche Gespräche nicht geeignet ist. Das müssen gerade Pfarrerinnen und Pfarrer lernen, die dort angesprochen werden. Aber akute Seelsorge lässt sich trotzdem nicht auf Montag ab 9 Uhr im Pfarrbüro verlagern.
Wenn Kirche da sein will, wo Menschen sind, kann das extra dafür aufgestellte Riesenrad nur ein Teil des Ganzen sein. Aber kein Ersatz für den Alltag, der auf allen Plattformen und an allen Orten zugleich stattfindet: Auf Facebook, auf Twitter, per Chatseelsorge, am Telefon, im persönlichen Gespräch. Nicht alles ist für jeden da. Wer Höhenangst hat, wird nicht extra in ein Riesenrad steigen. Wer Digitalangst hat, meldet sich nicht auf Facebook an. Aber das schließt sich alles nicht gegenseitig aus.
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