Die Frage der Woche, Folge 82: Was wurde in Berlin angegriffen?
Für was steht der Weihnachtsmarkt in Berlin, der mit einem LKW angegriffen wurde?

Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und -Nutzer,

was wurde eigentlich angegriffen, als der Angreifer von Berlin mit einem LKW in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz fuhr? Klar, ein Weihnachtsmarkt. Aber wofür steht der? Was sind die Weihnachtsmärkte eigentlich, die deutsche Veranstalter sogar ins Ausland exportieren?

Sie sind Versammlungen von vielen Menschen, meistens unter freiem Himmel an öffentlichen Orten.

Sie sind Orte des alkoholischen Überschwangs, angetrieben von Glühwein und Feuerzangenbowle.

Sie sind Gelegenheiten für Konsum und Kommerz. Besagter Glühwein, Essen, Tand und Weihnachtsgeschenke: Ohne Geld lässt sich das auf einem Weihnachtsmarkt nicht erleben.

Sie sind gemütlich, voller Licht, und zaubern ihren Besuchern ein Lächeln aufs Gesicht.

Sie sind außerdem christlich geprägt, schon vom Anlass her, auch mit den Krippen und Adventsliedern, die zu sehen und zu hören sind.

Wogegen richtete sich also die Amok-Fahrt mit dem LKW? Nachdem der Tatverdächtige A. Amri in Mailand von der Polizei erschossen wurde, kann er dazu kein Licht mehr ins Dunkel bringen. Wir kennen seine Motivation nicht. Wir kennen aber das Ziel. (Update 26.12.2016: In einem Video, das wohl bereits mehrere Wochen vor der Tat aufgenommen wurde, bekennt sich Amri zum IS und ruft dazu auf, "Feinde Allahs" zu jagen und zu töten. Einen konkreten Hinweis auf den Angriff auf den Weihnachtsmarkt gibt es darin allerdings nicht.)

Für mich sind Weihnachtsmärkte ein sehr passender Ausdruck von Freiheit und Geselligkeit in unseren kapitalistischen Demokratien. Jeder kann hingehen, man braucht aber Geld, um das Ereignis vollständig zu erleben, man kann sich betrinken oder einfach die Atmosphäre genießen, jede*r wie sie will. Dagegen richtet sich der Angriff auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz.

Dass ein Angriff auf ein solches Symbol irgendwann kommen würde, damit haben viele Menschen doch irgendwie gerechnet. Das macht den Tod und die Schmerzen nicht erträglicher. Aber es sorgt zugleich dafür, dass das Symbol weniger beschädigt wird: Die Weihnachtsmärkte sind geöffnet geblieben, die Menschen trotzdem noch einmal vor Weihnachten dort hingegangen, oder zumindest zum solidarischen Demonstrieren gegen Hass und Gewalt in die Innenstädte.

Nach den Anschlägen von Oslo und Utoya im Juli 2011 hat der norwegische Premierminister Jens Stoltenberg gesagt: "Unsere Antwort wird mehr Offenheit und mehr Demokratie sein". Das gilt hier und heute auch. Terroranschläge sind traurige Realität. Aber wenn wir sie als Anlass zu Trauer, Bestürzung und Gebet nehmen und uns auf Demokratie und Offenheit besinnen statt auf Angst, Beschuldigungen und Abschottung, gewinnen die Terroristen nicht.

Das gilt übrigens auch für Weihnachten. Denn gerade das Fest, zu dem der Erlöser geboren wird, können Christen feiern: Das Unheil von Berlin stellt den Friedefürst durch den Kontrast nochmal deutlicher ins Licht. Und wer Weihnachten einfach nur als entspanntes, ruhiges, friedliches und besinnliches Fest feiern möchte, sei herzlich dazu eingeladen. Denn ein bisschen Besinnlichkeit tut nach diesem Jahr auch mal gut.

Für mich war das der letzte Blogeintrag in diesem Jahr. Es geht Anfang Januar 2017 weiter. Bis dahin wünsche ich euch und Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest, einen guten Jahreswechsel und genau den Start ins Reformationsjubiläumsjahr 2017, den Sie sich wünschen!


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