Die Frage der Woche, Folge 69: Brauchen wir immer alles überall sofort?
Amazon bringt seine "Dash"-Knöpfe nach Deutschland. Alles immer auf Knopfdruck - was heißt das für den Menschen?

Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und -Nutzer,

Amazon, der weltgrößte Online-Händler, führt seine "Dash"-Knöpfe jetzt auch in Deutschland ein. Das sind kleine Geräte für rund fünf Euro mit einem einzigen Knopf und einem einzigen Zweck: Ein ganz bestimmtes Produkt nachbestellen. Diesen Knopf kann man sich an einen beliebigen Ort kleben: Neben das Klopapier, in den Schrank mit den Spülmaschinentabs, ans Katzenfutterregal. Wenn man davon dann nichts mehr hat, drückt man drauf und bestellt damit bei Amazon eine neue Ladung davon.

Das geht derzeit nur mit ganz bestimmten Markenprodukten - die "Dash"-Buttons sind nicht frei programmierbar (anders als beispielsweise der "Bt.tn"). Wer einen Dash-Button benutzt, bindet sich damit an ein ausgewähltes Produkt einer ganz bestimmten Marke.

Was heißt das nun? Ein "Spiegel"-Interview zu Smartphone-Design hat in der Facebook-Gruppe "Kirche und Social Media" für Diskussionen gesorgt, wozu Smartphones eigentlich dienen. Ich habe dort gesagt, dass die Technik dem Menschen dienen muss - und Amazon würde das sicherlich auch für seine "Dash"-Buttons behaupten. Obwohl ich mein Smartphone sehr schätze und viele meiner Bestellungen auf Amazon erledige, finde ich die "Dash"-Buttons aber grenzwertig. Was sie nämlich tun, ist, den Nutzer noch weiter davon abzukoppeln, was er tut. Die "Button-Lösung", die seit 2012 Gesetz ist, verpflichtet Shops dazu, deutlich zu machen, wann ein Klick Geld kostet. Das halten manche Beobachter für albern - man weiß doch, wann man einkauft, oder?

Online gibt es aber keine physikalische Interaktion mit Geld. Wer seine Plastikkarte oder Bargeld in die Hand nimmt, weiß: Jetzt bezahle ich. Ein Klick mit der Maus ist nur in den seltensten Fällen eine Bezahlung. Es ist sinnvoll, dass immer klar sein muss, wann Geld fließt. Bei den "Dash"-Buttons wird der Druck auf den Knopf aber nicht mit Bezahlung, sondern mit dem Klingeln des Postboten kombiniert. Die Abrechnung kommt am Monatsende. Das ist natürlich unfassbar komfortabel. Nur: Wer sich dafür entscheidet, gibt zugleich seine Wahlmöglichkeiten als Kunde ab: Immer das gleiche Produkt, immer zu dem Preis, den Amazon festlegt. Außerdem wird die finanzielle Transaktion unsichtbar gemacht.

Wir drücken auf einen Knopf und es passiert genau das, was wir erwarten. Je öfter das eine Lieferung am nächsten Tag ist, umso mehr ärgern wir uns, wenn das Paket doch erst übermorgen kommt. Die "Dash"-Buttons sind das in Hardware gegossenes Versprechen, dass das nicht passiert, dass es uns nie mangeln wird und immer alles auf Abruf da ist.

Klar ist das komfortabel. Aber wir dürfen nie vergessen, dass das nur für Produkte gilt. Nicht für Gefühle. Nicht für Liebe, nicht für Anteilnahme, nicht für Mitleid, nicht für Freude, nicht für Erfüllung, nicht für Glück. Gefühle gibt es nicht auf Knopfdruck, Lebensglück auch nicht. Alles auf Knopfdruck ist aber, was die "Dash"-Buttons versprechen. Es ist ein Versprechen, dass sie nicht halten können. Auch wer sich so einen Komfort-Knopf irgendwo hinklebt, sollte das nie vergessen.

Ich wünsche euch und Ihnen ein gesegnetes Wochenende!


Wenn Sie weitere, andere oder neue Fragen zu evangelisch.de oder unseren Themen haben, sind die Redaktion und ich auf vielen verschiedenen Kanälen erreichbar:

- unter diesem Blogeintrag in der Kommentarfunktion

- evangelisch.de auf Twitter als @evangelisch_de und auf Instagram als evangelisch.de

- ich selbst auf Twitter unter @dailybug

evangelisch.de auf Facebook

E-Mail für alle inhaltlichen Fragen und Anregungen

Alle Fragen zu Kirche und Glauben beantwortet Ihnen unser Pastor Frank Muchlinsky auf fragen.evangelisch.de.

Ich werfe immer am Samstag an dieser Stelle einen Blick auf die vergangene Woche und beantworte außerdem Ihre Fragen zu evangelisch.de, so gut ich kann. Ich wünsche euch und Ihnen einen gesegneten Start ins Wochenende!