Die Frage der Woche, Folge 67: Nichts mit Politik und Religion?
Wie sich ein Videospiel-Medium weigerte, zu evangelisch.de zu verlinken, weil das zu viel Kirche ist.

Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und -Nutzer,

ich war in den vergangenen zwei Tagen auf der Gamescom und dem Gamescom-Kongress in Köln und hatte da ein Erlebnis, dass ich euch und Ihnen nicht vorenthalten will. Ich habe am Freitag die Warteschlange für "Battlefield 1" gefilmt. Die Wartezeit waren rund vier Stunden, und das Ende der Schlange war hinter dem eigentlichen Stand versteckt, in einem kargen Wartebereich im undekorierten Teil der Messehalle.

Die Warteschlange am Stand von Battlefield 1 auf der Gamescom 2016 - rund 4 Stunden Wartezeit.

Das Video ist auf Twitter mehrfach geteilt worden, so dass die Redaktion der Gamespilot-Facebookseite darauf aufmerksam wurde. Die haben mich dann angeschrieben, ob sie das Video verwenden dürfen - anständig mit Quellenhinweis und dem Angebot, auch einen Link aufzunehmen.

Auf meinen Wunsch hin, evangelisch.de zu verlinken, bekam ich aber folgende Antwort:

Geht also nicht, weil schon ein Link zu evangelisch.de zu viel Religion bedeutet! Die Gamespilot-Facebookseite hat knapp 200.000 Fans. Die Reaktion zeigt mir, dass die Kollegen damit rechnen, dass ein wesentlicher Teil dieser Menschen abwehrend auf jeden Hinweis auf Religion reagiert. Es ist nicht unüblich, dass Videospiel-Seiten ihren Nutzern sagen: Diskutiert bitte keine Politik in den Kommentaren, weil das sehr oft abgleitet in intensiv geführte Diskussionen, die dann nichts mehr mit Videospielen oder einem konkreten Spiel zu tun haben. Vermutlich, weil das sowohl Leser als auch Werbekunden verschrecken könnte, ignorieren die meisten Medien in der Nische Videospiele politische (und moralische) Fragen.

Dabei bieten Videospiele als Unterhaltungs-Medium wirklich genügend Ansätze, um auch über Themen abseits der Pixel und Spielmechaniken zu reden: die Modernekritik eines "Watchdogs", die moralischen Grauzonen eines "Fallout", die Darstellung von Frauen zwischen "Bayonetta" und "Witcher 3", der Existentialismus in "No Man's Sky" und so weiter, von der Frage nach der Ästhetik von Gewalt mal ganz abgesehen. Man muss nicht einmal auf künstlerische Indies wie "Inside" oder "That Dragon, Cancer" zurückgreifen oder sich von Moralstücken wie "Spec Ops: The Line" mit der Nase draufstoßen lassen. Außerdem werden Spiele wie "Smite" und "The Binding of Isaac" ja auch nicht ignoriert, nur weil sie religiöse Motive haben.

Und ich weiß, dass der größte Teil meiner Leser*innen hier auf evangelisch.de mit dem vorangehenden Absatz wenig bis nichts anfangen konnte. Unsere mediale Nische hier ist kein Teil der Games-Branche. In einem christlichen Medium kommt man nicht umhin, über Politik, Moral und Religion sowieso zu sprechen. Ja, das ist manchmal ziemlich anstrengend. Aber zu sagen: "Wir sind Games, Politik und Religion wollen wir gar nicht anfassen", obwohl die Spiele selbst das tun, finde ich schwach.

Mal ganz abgesehen davon, dass ein Link auf evangelisch.de als Quelle noch gar nicht bedeutet, sich mit Religion auseinanderzusetzen. Aber, liebe Kollegen von Gamespilot: Wenn ihr das mal irgendwann wollt, meldet euch einfach.

Ich wünsche euch und Ihnen ein gesegnetes Wochenende!


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