Ihre Fragen, unsere Antworten - Folge 39: Alle Arschlöcher abschieben?
Man kann trotz #kölnhbf gleichzeitig für Frauenrechte einstehen und Einwanderung und die Aufnahme von Flüchtlingen unterstützen.

Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und -Nutzer,

nach den Angriffen von Köln ist die Schwarz-Weiß-Bilanz von manchen säkularen Moralisten ordentlich ins Wanken geraten, schreibt zumindest Sabine Menkens in der "Welt": Menschen, die gleichzeitig für Frauenrechte und für Flüchtlinge sein wollen, kämen nun in Erklärungsnöte. Denn die Täter von Köln wurden vage als "männliche Migrantengruppen" oder "nordafrikanischer Herkunft" beschrieben. So schwammig wird es wohl auch bleiben, denn dass die Polizei aus einer dicht gedrängten Masse im Nachhinein einzelne Täter identifizieren könnte, ist utopisch. Wer genau was getan hat, ist eine Woche nach den Ereignissen immer noch unklar und wird es wohl auch bleiben.

Aber muss man jetzt, wenn man für Frauenrechte ist, gegen Migranten vulgo Flüchtlinge sein, und ist man, wenn man Migration gut findet, automatisch frauenfeindlich? Diesen Gegensatz habe ich in vielen Kommentaren gespürt und gelesen, die in den letzten Tagen geschrieben wurden. (Der Gegensatz ist Unsinn. Dazu gleich mehr.)

Es fällt Menschen, die Nationalität als Abgrenzungsmerkmal begreifen, sehr leicht, "eine diffuse Masse notgeiler Ausländer" zu sehen und sonst gar nichts mehr, wie Margarate Stokowski im "Spiegel" beobachtet hat. Wenn Sie nur einen Kommentar zu #kölnhbf lesen wollen, lesen sie den, denn er ist wirklich gut und gut überlegt.

Wenn wir außerdem das Gebot der Nächstenliebe als Wertmaßstab anlegen - und das ist der Maßstab, den uns Jesus mitgegeben hat - dann ist der Grundsatz: Wir müssen liebevoll mit anderen Menschen umgehen. Wer das auf eine Weise bricht wie in der Silvesternacht auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz, ist ein Arschloch. Und gewalttätige Arschlöcher gibt es auch unter nordafrikanisch aussehenden Männern, wie Antje Schrupp richtig feststellte.

Nur alle die, die jetzt wieder und nach Silvester noch lauter irgendeine Variation von "Deutschland den Deutschen" rufen, sind auch Arschlöcher, mit anderen Taten, aber aus dem gleichen Grund: Sie wollen auch nicht anerkennen, dass alle Menschen grundsätzlich das gleiche Recht auf Selbstbestimmung und Freiheit haben. Sowohl das Recht, nicht ohne Einverständnis angefasst zu werden als auch das Recht, anderswo (auch hier!) zu leben.

Wenn man die einen abschiebt, müsste man konsequenterweise auch die anderen rausschmeißen.

Das geht natürlich nicht. Wäre auch unfreundlich, aber vielleicht würden die Einwanderungsgegner dann mal sehen, wie das ist, welche Herausforderung eine erzwungene oder freiwillige Auswanderung ist.

Klar ist aber auch: Alle Menschen, die hier leben, haben grundsätzlich das gleiche Recht zu achten. Weil das durchgesetzt werden muss, braucht die Staatsgewalt mehr Präsenz, denn mit Zivilcourage und Freundlichkeit allein ist das offenbar nicht zu leisten. Die Bundespolizei ist mit dem Zuzug an den Grenzen fast ausgelastet. Zugleich brauchen die jungen Machos in diesem Land bessere Vorbilder und falls nötig klare Grenzen, egal ob sie Jungen aus traditionellen muslimischen Familien, russischstämmige Christen oder deutsche Machos sind, die zu viel misogynistischen Gangsta-Rap gehört haben.

Den Frauen, die Silvester in Köln ihren persönlichen Albtraum erlebt haben, hilft das alles nicht. Das ist die eigentliche Tragik an der Geschichte. Und dass die deutschen Waffenhändler einen Ansturm auf Reizgas und Pfefferspray erleben, zeigt, dass viele Menschen mit einer weiteren Radikalisierung des Zusammenlebens rechnen.

Aber man kann trotzdem weiterhin gleichzeitig der Meinung sein, dass sexualisierte Gewalt nie akzeptabel ist, und dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, in dem wir Verantwortung für alle tragen, die hier leben wollen.

Übrigens: Falls uns diese Realität zu schwer wird, können wir uns nun in echte Virtual Reality zurückziehen. Denn die VR-Brille "Oculus Rift" hat die erste offizielle Verkaufswelle gestartet. Zusammen mit Samsungs VR-Brille "Gear" gibt es damit die ersten echten VR-Brillen für den Massenmarkt, auch wenn sie immer noch ziemlich teuer sind. Aber das ist mit neuer Technik immer so.

Ich wünsche euch und Ihnen ein gesegnetes Wochenende!


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